
Letzte Jamaika-Sondierungsrunde mit umfangreichen Problemen

Vor der voraussichtlich letzten Jamaika-Verhandlungsrunde am Donnerstag zeichnet sich die Liste der Streitpunkte ab, die am Ende für eine mögliche Regierung von Union, FDP und Grünen entscheidend sein dürften. Dazu zählten neben der Abschaltung von Kohlekraftwerken, auch der Familiennachzug für Flüchtlinge sowie der Abbau des Solidaritätszuschlags. Das Stimmungsbild am Mittwoch war eine Mischung aus Hoffnung, Kompromissbereitschaft und weiterhin tiefen Meinungsverschiedenheiten.
"Es wird immer klarer: Jamaika wird keine Lustreise, sondern ein hartes Experiment", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. In den Beratungen am Mittwoch sollte endgültig geklärt werden, welche Streitpunkte die Verhandler noch in den Sondierungsgesprächen und somit vor einer Entscheidung über die Aufnahme offizieller Koalitionsgespräche klären wollen.
Die letzten Knackpunkte sollen in der letzten Runde am Donnerstag unter Führung der Parteichefs geklärt werden. Es werden harte Verhandlungen erwartet, die sich bis tief in die Nacht auf Freitag ziehen könnten. Dann dürften viele der Themen auf dem Tisch liegen, die schon zu Beginn der Sondierungen als die härtesten Nüsse galten.
Dazu dürfte die Frage nach dem Familiennachzug für Flüchtlinge zählen, wie er von den Grünen gefordert wird. Niemand bestreite, dass in den Flüchtlingszuzug "Ordnung rein muss", sagte Grünen-Verhandlungsführerin Katrin Göring-Eckardt. Es könne aber ebenso wenig in Abrede gestellt werden, dass "Familien zusammengehören". Union und FDP lehnten es weiterhin strikt ab, dass Flüchtlinge, die nur subsidiären Schutz genießen, ihre Partner und Kinder nach Deutschland holen dürften.
Ebenfalls in der Runde der Parteichefs dürfte die Frage landen, ob und wieviele Kohlekraftwerke in den kommenden Jahren abgeschaltet werden. Auch hier stehen die Grünen in der einen Ecke, Union und FDP in der anderen. Rückendeckung bekamen die Grünen in dem Konflikt durch eine Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums und der Bundesnetzagentur, nach der die Versorgungssicherheit in Deutschland auch gewährleistet ist, wenn eine Kapazität von sieben Gigawatt an Kohlekraftwerken im Jahr 2020 stillgelegt würde.
Bewegung von der Union verlangen Grüne und FDP weiterhin in der Frage, das Kooperationsverbot im Grundgesetz aufzuheben, um Bildungsstandards bundesweit zu vereinheitlichen und die Finanzierung des Bundes für Schulen zu erleichtern. Gerechnet wird zudem damit, dass bis zuletzt um die Forderung der FDP gestritten wird, den Soli in der kommenden Legislaturperiode komplett abzubauen. Ohnehin stehen Ausgabenwünsche bis zum Ende unter Vorbehalt.
Weiteres Streitthema ist die Europapolitik. Die FDP lehnt strikt Überlegungen ab, in Schwierigkeiten geratene Euro-Staaten finanziell zu unterstützen. Damit spricht sie sich gegen Pläne von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron aus, der aus einem eigenen Eurozonen-Haushalt Zukunftsinvestitionen und Nothilfe für Länder in Wirtschaftskrisen finanzieren will. "Für uns Grüne ist es essentiell, dass eine zukünftige Bundesregierung die ausgestreckte Hand Macrons aufgreift", sagte die Europa-Verhandlerin der Grünen, Annalena Baerbock, nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber äußerte die Hoffnung auf einen positiven Abschluss der Jamaika-Gespräche. "Wenn wir als vier Parteien am Ende Dinge zusammenbringen, die vorher unvereinbar schienen, ist das ein gutes Signal", sagte er.
(M. Taylor--BTZ)