Mehr Flüchtlinge und immer mehr Asylverfahren vor Gericht
Der Bund Deutscher Verwaltungsrichter schlägt wegen der Vielzahl an Asylverfahren vor deutschen Gerichten Alarm. "Die Lage an den Verwaltungsgerichten ist dramatisch", sagte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller aktuell. Etwa jede vierte Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) landet vor Gericht.
"Wir stoßen derzeit komplett an unsere Grenzen", sagte Seegmüller. Eine derartige Zahl an Verfahren könne die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Dauer nicht aushalten. "Irgendwann bricht dann alles zusammen. Das ist wie bei einem Motor, der im roten Bereich gefahren wird. Eine Zeit lang geht es gut, aber nicht dauerhaft."
Derzeit sind vor deutschen Gerichten den Angaben zufolge die Klagen von 250 .000 Asylbewerbern anhängig. Die Zahl ergibt sich aus einem Abgleich der Statistiken des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mit denen der EU-Behörde Eurostat. Die Brüsseler Statistiker rechnen Asylbewerber, die gegen ihren Bescheid klagen, zur Gesamtzahl der Asylsuchenden dazu. Das Bundesamt klammert sie aus.
Seegmüller erwartet im Gesamtjahr 2017 eine Verdoppelung der Verfahren gegenüber 2016. Es fehlten Richter und Personal, teilweise auch Räume und IT-Kapazitäten. "Die Justizverwaltungen sind zwar gewillt, aufzustocken, aber sie finden das dringend benötigte Personal immer schwerer", sagte Seegmüller. Das Bundesjustizministerium wies auf Anfrage darauf hin, dass eine mögliche Aufstockung der personellen Kapazitäten an den Verwaltungsgerichten eine Angelegenheit der Bundesländer wäre.
Vor einigen Monaten hatte Seegmüller die hohe Zahl der Klagen auch damit begründet, dass dies nicht nur an der hohen Zahl der Entscheidungen, sondern "mitunter auch an der Qualität der Bescheide" liege.
Nach Angaben des Bamf wurden von den knapp 696.000 Asylentscheidungen aus dem vergangenen Jahr 24,8 Prozent beklagt. Die höchste Quote unter den zehn Hauptherkunftsländern wies Pakistan mit 53,2 Prozent auf, gefolgt von dem als sicher eingestuften Kosovo (40,6 Prozent) und Afghanistan mit 36,6 Prozent.
(U. Schmidt--BTZ)