Präsident Macron erinnert an Razzien gegen Juden in Frankreich
An der Seite von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat der französische Präsident Emmanuel Macron die Verantwortung seines Landes für die Opfer der Razzien gegen Juden in Frankreich vor 75 Jahren bekräftigt. "Es war sehr wohl Frankreich", das die Deportation tausender Juden organisiert habe, sagte Macron bei der Gedenkzeremonie in Paris. "Nicht ein einziger Deutscher" habe sich damals an den Massenfestnahmen beteiligt.
Erstmals nahm ein israelischer Regierungschef an der Gedenkzeremonie in der Nähe des früheren Pariser Radrennstadions Vélodrome d’Hiver teil. Dort hatten französische Polizisten im Juli 1942 etwa 13.000 Juden zusammengetrieben. Fast alle der anschließend deportierten Juden wurden in den NS-Vernichtungslagern ermordet.
Erst im April hatte die Rechtspopulistin Marine Le Pen mit der Aussage für Empörung gesorgt, Frankreich sei "nicht verantwortlich" für die als "Rafle du Vel d’Hiv" bekanntgewordene Massenfestnahme. Das Vichy-Regime, das während des Zweiten Weltkriegs mit Nazi-Deutschland kollaborierte, sei "nicht Frankreich", sondern "illegal" gewesen.
Macron distanzierte sich an der Seite Netanjahus ausdrücklich davon. Es gebe "Politiker, die bereit sind, vor der Wahrheit zurückzuweichen", sagte Macron an die Adresse Le Pens, ohne die Front-National-Chefin beim Namen zu nennen. Die Wahrheit sei "unumstößlich". Als erstes Staatsoberhaupt Frankreichs hatte sich 1995 der damalige Präsident Jacques Chirac zu der "unauslöschlichen Schuld" Frankreichs gegenüber den Opfern bekannt. Netanjahu bezeichnete die Einladung Macrons zu der Gedenkverantaltung als "eine sehr, sehr starke Geste". Das gemeinsame Gedenken zeuge von der "alten und tiefen Freundschaft zwischen Frankreich und Israel", sagte der israelische Regierungschef und dankte zu Beginn seiner Rede Macron und dem französischen Volk auf Französisch "von ganzem Herzen".
Für Netanjahu war es die erste offizielle Begegnung mit dem französischen Staatschef und sein erster Besuch in Paris seit seiner Teilnahme an einem Gedenkmarsch für die Opfer der Anschläge auf die französische Satirezeitung "Charlie Hebdo" und einen jüdischen Supermarkt im Jahr 2015.
Bei Gesprächen nach der Gedenkzeremonie drängte Macron auf die Wiederaufnahme des festgefahrenen Nahostfriedensprozesses zwischen Israelis und Palästinensern und kritisierte den Siedlungsbau, der von Netanjahus Regierung vorangetrieben wird.
Das internationale Recht müsse "von allen respektiert" werden, sagte Macron unter Verweis auf einen "fortdauernden Siedlungsbau" in den von Israel besetzten Palästinensergebieten. Bei einem Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte Macron zuletzt die Unterstützung Frankreichs für eine Zwei-Staaten-Lösung bekräftigt.
Zugleich versicherte Macron Netanjahu, dass Frankreich "wachsam" die Umsetzung des Atomabkommes mit Iran überprüfen werde. Das Abkommen, das die fünf UN-Vetomächte und Deutschland 2015 mit dem Iran geschlossen hatten, wird von der israelischen Regierung scharf kritisiert.
(O. Petrow--BTZ)