London: Parlament berät mögliche Brexit-Alternativen
Das britische Parlament bereitet sich auf eine wegweisende Abstimmung über Alternativen zum Brexit-Vertrag vor: Dem Parlamentspräsidenten John Bercow lagen am Mittwoch insgesamt 16 Anträge von Abgeordneten vor. Bercow musste noch entscheiden, welche davon er am Abend zur Abstimmung stellt. Dazu dürften Vorschläge über die Ausgestaltung der künftigen Handelsbeziehungen zur EU und zu einem zweiten Referendum gehören. Ziel ist es herauszufinden, welche Vorlagen im Unterhaus mehrheitsfähig sind.
Ab 15.00 Uhr (MEZ) berät das Unterhaus über die unterschiedlichen Brexit-Szenarien. Ab 20.00 Uhr werden dann Stimmzettel verteilt, auf denen die unterschiedlichen Optionen aufgelistet sind. Neben jedem Vorschlag dürfen die Abgeordneten ankreuzen, ob sie dafür oder dagegen sind. Sie können sich dabei für so viele Optionen aussprechen, wie sie wollen. Für die Stimmabgabe ist eine halbe Stunde vorgesehen, die Ergebnisse sollen gegen 22.00 Uhr bekanntgegeben werden.
"Es ist wenig wahrscheinlich, dass die Abstimmung heute eine Mehrheit für das bringen wird, was sein wird", sagte der Tory-Abgeordnete Oliver Letwin nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. "Aber ich hoffe, dass wir bis Montag in der Lage sind, eine Mehrheit für einen oder mehrere Vorschläge zu bekommen." Die Vorschläge, die im Unterhaus die größte Unterstützung bekommen, sollen voraussichtlich am Montag erneut ins Plenum kommen.
Während der Stimmauszählung beraten die Abgeordneten über die mit der EU vereinbarte Verschiebung des Brexits bis mindestens zum 12. April. Bis zu diesem Tag wird den Briten bereits offiziell Aufschub gewährt, die Verschiebung muss jedoch noch in britisches Recht überführt werden.
Noch vor der Abstimmung am Abend droht Premierministerin Theresa May ein schwieriges Treffen mit den Parlamentariern ihrer konservativen Tory-Partei. Der Abgeordnete Nigel Evans forderte die weithin kritisierte Regierungschefin auf, ihren Rückzug anzukündigen, um so doch noch eine Verabschiedung ihres Brexit-Deals erreichen zu können.
"Ich ermutige sie dazu, einen Zeitplan für ihren Rückzug vorzulegen", sagte Evans hierzu. Dann könnten sich "viele Menschen hinter ihr Abkommen stellen".
Das Unterhaus hatte das Abkommen bereits zweimal mit deutlicher Mehrheit verworfen. Eine dritte Abstimmung ist derzeit aufgrund der geringen Erfolgsaussichten nicht angesetzt. "Wenn wir den Vertrag ein drittes Mal ablehnen, gibt es die echte Gefahr, dass wir niemals die EU verlassen", warnte der Brexit-Befürworter und Ex-Minister Boris Johnson im "Daily Telegraph".
Nimmt das Unterhaus den Brexit-Vertrag von May doch noch an, wird der EU-Austritt des Landes auf den 22. Mai verschoben. Ohne einen Beschluss müsste London die EU bis zum 12. April über das weitere Vorgehen informieren. Konkret geht es um die Entscheidung, ob das Vereinigte Königreich an der Europawahl Ende Mai teilnimmt oder nicht. Bei einer Teilnahme müsste das Austrittsdatum noch einmal verschoben werden.
(D. Fjodorow--BTZ)