Venezuela-Kontaktgruppe fordert sofortoge "freie" Präsidentschaftswahl
Der internationale Druck auf Venezuelas Präsident Nicolás Maduro steigt: Die Kontaktgruppe aus EU- und lateinamerikanischen Staaten hat am Donnerstag eine vorgezogene Präsidentschaftswahl in dem südamerikanischen Land gefordert. Die Gruppe der Außenminister aus mehr als einem Dutzend EU- und lateinamerikanischer Staaten rief nach fünfstündigen Beratungen in Uruguays Hauptstadt Montevideo zu einer "friedlichen, politischen, demokratischen und rein venezolanischen Lösung" der Staatskrise auf. Unterdessen erreichten Lastwagen mit Hilfslieferungen aus den USA die Grenze zwischen Kolumbien und Venezuela.
Die Kontaktgruppe forderte "freie, transparente und glaubwürdige" Wahlen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini nannte als Ziel der Beratungen in Montevideo, "Gewalt im Innern und Intervention von außen zu vermeiden" und in einem begleitenden Prozess zu "freien und transparenten Präsidentschaftswahlen" in Venezuela zu kommen.
Der uruguayische Präsident Tabaré Vázquez sagte, die internationale Gemeinschaft sei zur "Vorsicht" aufgerufen. Venezuela stehe vor der Wahl "Frieden oder Krieg". Die Gruppe kündigte an, eine Gesandtschaft nach Venezuela zu schicken.
Die Kontaktgruppe, der auch Deutschland angehört, will innerhalb von drei Monaten einen Weg hin zu einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl in Venezuela ausloten. Das entspricht der Forderung des venezolanischen Oppositionspolitikers Juan Guaidó, der sich am 23. Januar mit Unterstützung vor allem der USA selbst zum Interimsstaatschef erklärt hatte.
Maduro ist gegen eine vorgezogene Präsidentschaftswahl. Stattdessen sprach er sich für vorgezogene Wahlen des Parlaments aus, in dem die Opposition das Sagen hat.
An der kolumbianisch-venezolanischen Grenze trafen Lastwagen mit humanitärer Hilfe aus den USA ein. Wie BERLINER TAGESZEITUNG erfuhr, befanden sich mehrere mit Nahrungsmitteln und Medikamenten beladene Fahrzeuge auf der kolumbianischen Seite der Tienditas-Grenzbrücke. Auf der venezolanischen Seite blockierten Soldaten den Übergang. Der Lkw-Konvoi war am Mittwoch in der Stadt Bucaramanga im Nordosten Kolumbiens gestartet.
Ein UN-Sprecher sagte am Donnerstag in Genf, es gebe einen "dringenden Bedarf für mehr humanitäre Hilfe" in Venezuela. Guaidó rief derweil das Militär auf, internationale Hilfslieferungen ins Land zu lassen.
Einige UN-Agenturen sind bereits im Land, etwa das Kinderhilfswerk Unicef oder die Panamerikanische Gesundheitsorganisation, ein Ableger der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie betreiben Programme für Entwicklungshilfe oder zur Prävention. Viele von ihnen sind nach Angaben des UN-Sprechers aber dabei, "ihre Unterstützung zu intensivieren". Das Welternährungsprogramm (WFP) ist dagegen im Land nicht präsent.
In Venezuela herrscht als Folge der politischen und wirtschaftlichen Krise ein extremer Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten. Maduro lehnt Hilfslieferungen aus dem Ausland ab - er bezeichnet sie als Vorwand, um den Boden für eine von den USA angeführte Militärinvasion zu bereiten. Für die Versorgungsengpässe macht er die Sanktionen der USA verantwortlich.
Der Kommandeur der US-Streitkräfte in Südamerika und der Karibik, Admiral Craig Faller, sagte am Donnerstag, venezolanische Soldaten würden wie der Rest der Bevölkerung "hungern". Das Militär sei in einem schwachen Zustand, Maduro gegenüber jedoch loyal, sagte Faller vor dem Militärausschuss des US-Senats.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat sein Jahresbudget für Venezuela verdoppelt, will aber nicht in die innnervenezolanischen Streitigkeiten hineingezogen werden. Die Internationale Föderation von Rotem Kreuz und Rotem Halbmond kündigte für Freitag bis Sonntag einen Besuch ihres Präsidenten Francesco Rocca zur "Evaluierung des humanitären Bedarfs" an. Die Hilfe müsse "neutral, unabhängig und unparteiisch" sein, teilte sie mit.
(O. Larsen--BTZ)