Merkel und Abe bekräftigen Engagement für Multilateralismus und Freihandel
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der japanische Regierungschef Shinzo Abe haben bei einem Treffen in Tokio ihr gemeinsames Engagement für Multilateralismus und Freihandel bekräftigt. Die lange Freundschaft zwischen beiden Ländern sei ein "Ansporn, in einer Welt, in der manches in Unordnung ist, noch enger zusammenzuarbeiten", sagte Merkel am Montag. Beide hoben die Bedeutung des EU-Japan-Freihandelsabkommens, das am 1. Februar in Kraft trat, und seine Chancen hervor.
Dieses sei abgeschlossen worden in Zeiten, in denen multilaterale Abkommen teils "in einem schwierigeren Fahrwasser" seien, sagte Merkel. Sie glaube aber ebenso wie Abe, dass "sehr gute Win-Win-Situationen" entstehen könnten, "wenn alle Partner offen" und fair miteinander zusammenarbeiteten.
Das EU-Japan-Freihandelsabkommen sei "in dieser Zeit eine wichtige Mitteilung an die Welt" und solle auch "mit Leben" gefüllt werden. Merkel verwies auf die Wirtschaftsdelegation, die sie bei ihrem fünften Japan-Besuch begleitet, und bekräftigte: "Wir wollen die deutsch-japanischen Wirtschafts- und Wissenschaftsbeziehungen intensivieren."
Die Kanzlerin betonte, Deutschland und Japan, das in diesem Jahr die G-20-Präsidentschaft innehat, seien "gemeinsam Vertreter einer regelbasierten Ordnung" und hätten in dieser Frage "immer sehr gut zusammengearbeitet". Zugleich sprach sie Abe ihre volle Unterstützung für die Vorbereitung des Gipfels der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer Ende Juni in Osaka aus.
Neben großen Themen wie Weltwirtschaft, Handel und Klimawandel werde Japan einen Schwerpunkt bei Fragen der Datenethik und Datensicherheit setzen, sagte Merkel. Auch hier könnten Deutschland und Japan sehr eng zusammenarbeiten. Als weitere Felder der Kooperation nannte die Kanzlerin unter anderem die Künstliche Intelligenz, Technologien wie autonomes Fahren, die Wissenschaften, aber auch die Cybersicherheit und die Entwicklungszusammenarbeit in Afrika.
Abe äußerte die Überzeugung, dass auf Japan und Deutschland eine "immer größere Verantwortung für Stabilität und Wohlstand der internationalen Gemeinschaft" zukomme. Gemeinsam wollten sie sich für den Erhalt und die Stärkung eines offenen Wirtschaftssystems, aber auch eine Reform unter anderem der Welthandelsorganisation (WTO) einsetzen.
Merkel bekräftigte, das mit London ausgehandelte Austrittsabkommen zum Brexit solle nicht noch einmal aufgeschnürt werden. Zugleich forderte sie "Kreativität", um den Streit um den sogenannten Backstop, die künftige Regelung an der irischen Grenze, zu lösen.
Bei ihrem Treffen mit Abe ging es auch um den Streit um das nordkoreanische Atomprogramm. Berlin und Tokio setzten sich gemeinsam für eine nachhaltige Denuklearisierung Nordkoreas ein, aber die Schritte müssten nachvollziehbar sein, forderte Merkel.
Ebenso Thema war das Verhältnis beider Staaten zu Russland - "Fragen der Kooperation, aber auch der Probleme", wie Merkel sagte. Als Beispiel nannte sie den Ukraine-Konflikt. Zu China sei sie sich mit Abe einig, dass man eng mit Peking zusammenarbeiten müsse, gleichzeitig müssten aber auch problematische Punkte angesprochen werden.
Der Präsident des Industrieverbands BDI, Dieter Kempf, der mit Merkel nach Japan reiste, erwartet, dass Deutschland und Japan "neue Energie" durch das Freihandelsabkommen gewinnen können. In einer Zeit, "in der es Wirtschaftsmächte gibt, die auf nationale Egoismen setzen", sei es wichtig, dass zwei große Industrienationen "ein Zeichen andersrum setzen", sagte Kempf in Tokio. Aufschwung könne das neue Abkommen vor allem Branchen wie der Automobilindustrie, Chemie, Pharmazie, dem Maschinenbau und der Elektrotechnik bringen.
Die Kanzlerin und Abe trafen nach ihrem Gespräch noch mit deutschen und japanischen Wirtschaftsvertretern zusammen, bevor der japanische Gastgeber zu einem Abendessen lud. Am Dienstag standen unter anderem ein Empfang bei Kaiser Akihito sowie bei Thronfolger Naruhito und ein deutsch-japanisches Wirtschaftsdialogforum auf Merkels Programm.
(A. Walsh--BTZ)