Tsipras steht nach überstandener Vertrauensfrage nächste Zitterpartie bevor
Nach der nur knapp überstandenen Vertrauensfrage muss Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras vor der nächsten Abstimmung zittern: Bis Ende Januar soll das Parlament über die heftig umstrittene Vereinbarung zur Umbenennung des Nachbarlandes in "Republik Nordmazedonien" entscheiden. Die Mazedonien-Frage hatte zuvor zum Bruch der seit fast vier Jahren regierenden Koalition in Athen geführt. Die Opposition forderte am Donnerstag erneut Neuwahlen.
Das Parlament habe für "Stabilität" gestimmt und dafür, die "internationale Glaubwürdigkeit des Landes wiederherzustellen", sagte Tsipras nach dem gewonnenen Votum am Mittwochabend. In der vorangegangenen Debatte hatte er betont, seine Regierung habe in den kommenden neun Monaten noch "sehr wichtige Aufgaben" vor sich. Tsipras Mandat endet im Herbst.
Bei der Vertrauensabstimmung am Mittwochabend sicherten 151 von 299 anwesenden Abgeordneten dem Regierungschef ihre Unterstützung zu, unter ihnen auch mehrere unabhängige Abgeordnete. Damit stellte sich eine knappe absolute Mehrheit der Parlamentarier hinter Tsipras, der nun vorerst weiter regieren kann, auch wenn er keine eigene Mehrheit mehr hat.
Die mit 78 Abgeordneten größte Oppositionspartei, die konservative Nea Dimokratia (ND), stimmte gegen Tsipras. "Das Land braucht eine neue Regierung, wir haben schon zu viel Zeit verloren", sagte Parteichef Kyriakos Mitsotakis, der bereits seit längerem Neuwahlen fordert. Tsipras forderte Mitsotakis am Donnerstag für kommende Woche zu einem TV-Duell zur Mazedonien-Frage auf.
Im Streit um die Namensänderung des Nachbarlandes Mazedonien hatte Verteidigungsminister Panos Kammenos von der kleinen rechtspopulistischen Partei Unabhängige Griechen (Anel) am Sonntag seinen Rücktritt eingereicht. Tsipras stellte daraufhin die Vertrauensfrage im Parlament.
Nach dem erfolgreichen Vertrauensvotum will Tsipras nun die Vereinbarung über die Umbenennung des Nachbarlandes in "Republik Nordmazedonien" im Parlament zur Abstimmung stellen. Das Parlament in Skopje hatte der Namensänderung am Freitag mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit zugestimmt. Tsipras will die griechischen Abgeordneten nach Angaben aus Parlamentskreisen bis Ende Januar abstimmen lassen. Anel-Chef Kammenos forderte am Mittwoch, die Bevölkerung über das Mazedonien-Abkommen entscheiden zu lassen.
Ob Tsipras auch bei der Mazedonien-Abstimmung eine Mehrheit im Parlament findet, hängt unter anderem von der liberalen Potami-Partei ab. Deren Sprecher Panos Amyras warnte, Tsipras werde bei der bevorstehenden Abstimmung anders als am Mittwoch keine 151 Parlamentarier hinter sich versammeln können.
Hinter dem seit 27 Jahren andauernden Namensstreit steht die Furcht Athens, der Nachbarstaat könnte mit der Landesbezeichnung Mazedonien Ansprüche auf die nordgriechische Provinz Makedonien erheben. Bei der UNO firmierte der Staat deshalb bislang unter dem Namen Frühere jugoslawische Republik Mazedonien, englisch abgekürzt FYROM.
Wegen des Konflikts blockierte Griechenland bislang eine Aufnahme des Landes in die EU und die Nato-Militärallianz. Am Sonntag wollen erneut Nationalisten und Religiöse auf dem Syntagma-Platz in Athen gegen die Vereinbarung demonstrieren.
Unionsfraktionsvize Johann David Wadephul (CDU) erklärte am Donnerstag, Tsipras habe es "gegen erheblichen Widerstand geschafft, dieses Abkommen abzuschließen". Damit sei ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Beziehungen beider Länder eingeleitet. "Sie leisten damit in schwierigen Zeiten einen Beitrag, um Europa zu stärken", erklärte Wadephul. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor Tsipras entschiedene Haltung in der Mazedonien-Frage gewürdigt.
(D. Meier--BTZ)