Deutschland: Pflegebeitrag dürfte Studie zufolge deutlich steigen
Die gesetzlich Versicherten müssen sich einer Studie zufolge auf deutlich höhere Pflegebeiträge einstellen. Der Satz für Versicherte mit Kind könnte von derzeit 3,05 Prozent zwischen 2025 und 2045 auf 4,25 Prozent steigen, wie es in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung heißt. Einer Umfrage zufolge wird die Stimmung in der Pflegebranche immer schlechter.
Der Prognos-Studie für die Bertelsmann-Stiftung zufolge steigt die Zahl der Leistungsempfänger von 3,3 Millionen im vergangenen Jahr bis 2045 auf fünf Millionen. Die Kosten dürften demnach drastisch steigen: von aktuell etwa 38,5 Milliarden auf nominal knapp 145 Milliarden in 2045.
Als Grund für den finanziellen Mehrbedarf wird in der Studie auf die demografische Entwicklung verwiesen: Mit der zunehmenden Zahl älterer Menschen werde auch die Zahl der Pflegebedürftigen steigen. Wegen rückläufiger Kinderzahlen und einer steigenden Erwerbsbeteiligung von Frauen werde zugleich der Anteil derer zurückgehen, die von Angehörigen gepflegt werden. Damit werde der Bedarf an professioneller Pflege in Heimen steigen. Über die Studie hatte am Mittwoch zuerst die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Gernot Kiefer vom Vorstand des GKV-Spitzenverband rief dazu auf, wegen des finanziellen Mehrbedarfs nicht "nur reflexhaft über höhere Beitragssätze zu sprechen". Vielmehr sei die Einführung eines steuerfinanzierten Bundeszuschusses für die Pflegeversicherung der richtige Schritt. Ein solcher könne den sicherlich notwendigen Beitragsanstieg abmildern.
Der Beitrag zur Pflegeversicherung war erst zum Jahreswechsel gestiegen. Für Versicherte mit Kindern erhöhte er sich von 2,55 auf 3,05 Prozent, für Kinderlose von 2,80 auf 3,30 Prozent. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen den Beitrag jeweils zur Hälfte.
Die Akteure der Pflegebranche fühlen sich nicht ausreichend von der Politik vertreten, wie aus dem "Care-Klima-Index" im Auftrag des Deutschen Pflegetags hervorgeht. Dabei gaben 74 Prozent der Befragten an, dass der Stellenwert des Themas Pflege in der Politik nur von niedriger Relevanz sei. Sie beurteilten die Situation damit ungeachtet der politischen Initiativen zur Verbesserung in der Pflege um fünf Prozentpunkte schlechter als im Vorjahr. Während die Pflegeversorgung 2017 in der Befragung von 24 Prozent der Befragten als qualitativ mangelhaft eingeschätzt wurde, waren es 2018 bereits 29 Prozent.
Auch der Anteil derer, die die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte negativ bewerten, stieg weiter. Während 2017 bereits 51 Prozent der Befragten die Bedingungen als "schlecht" einstuften, stieg dieser Wert im Jahr 2018 auf 60 Prozent. Befragt wurden für den "Care-Klima-Index" insgesamt 2226 Menschen - darunter vor allem Pflegekräfte, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, aber auch Ärzte- und Apothekerschaft, Vertreter von Industrie und Kostenträgern sowie von Verbänden und Kommunen.
Die Linken-Pflegeexpertin Pia Zimmermann bezeichnete die Ergebnisse der Befragung als wenig überraschend. "Pflegefachkräfte und Betroffene lassen sich nicht so leicht täuschen, sondern messen die Bundesregierung an ihren Taten", erklärte sie.
"Das Bundesgesundheitsministerium erscheint vielen Pflegekräften als eine einzige PR-Maschine", erklärte die Grünen-Pflegeexpertin Kordula Schulz-Asche. Minister Jens Spahn (CDU) "muss endlich mehr für die Pflegekräfte tun als zu reden".
(U. Schmidt--BTZ)