Parlamentspräsident Juan Guaidó in Venezuela kurzzeitig festgenommen
In Venezuela ist der Vorsitzende des von der Opposition dominierten Parlaments kurzzeitig festgenommen worden. Parlamentspräsident Juan Guaidó wurde nach Angaben seiner Frau und von Parlamentsmitgliedern am Sonntag von Mitarbeitern des Geheimdienstes Sebin abgeführt, als er auf dem Weg zu einer Versammlung außerhalb der Hauptstadt Caracas war. Nach einer knappen Stunde war er demnach wieder auf freiem Fuß. Zuvor hatte der Vorsitzende des ausgeschaltete Parlaments zu Massenprotesten gegen Staatschef Nicolás Maduro aufgerufen.
Guaidó war den Angaben zufolge unterwegs in die rund 40 Kilometer von Caracas entfernte Stadt Caraballeda. Die Frau des Oppositionspolitikers, Fabiana Rosales, schilderte den Ablauf der Festnahme in einem Telefongespräch, das die Abgeordnete Larissa González anschließend veröffentlichte. "Als wir gerade auf der Autobahn waren, (...) wurden wir von zwei Kastenwagen des Sebin abgefangen, mit bewaffneten und vermummten Männern, die unser Auto öffneten, uns zwangen auszusteigen", sagte Gonsales demnach.
Die Geheimdienstmitarbeiter hätten verkündet, dass sie Guaidó "unverzüglich" festnehmen müssten. Allerdings hätten sie keine Gewalt ausgeübt. Wenig später gab Rosales über Twitter die Freilassung ihres Mannes bekannt. "Ich bin jetzt bei ihm", erklärte sie. "Danke an alle, die sofort mit Unterstützung auf die Misshandlungen meines Mannes durch die Diktatur reagiert haben." Gemeinsam würden sie nun zu der Versammlung in Caraballeda fahren.
Guaidó hatte am Freitag zu Massenprotesten gegen die zweite Amtszeit des Linksnationalisten Maduro aufgerufen. Gemäß der Verfassung habe das Parlament das Recht, einen unrechtmäßigen Machthaber wie Maduro zugunsten einer Übergangsregierung zu stürzen, sagte Guaidó. Zur Machtübernahme seien aber auch "das Volk, das Militär und die internationale Gemeinschaft" nötig.
Der Linksnationalist Maduro hatte am Donnerstag offiziell seine zweite Amtszeit angetreten. Amtlichen Ergebnissen zufolge war er im vergangenen Mai mit 68 Prozent der Stimmen bis 2025 wiedergewählt worden. Der größte Teil der Opposition hatte die Wahl allerdings boykottiert und erkennt das Ergebnis ebenso wenig an wie die EU, die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder.
Dem 56-jährigen Nachfolger des 2013 verstorbenen Hugo Chávez wird vorgeworfen, seit Jahren die Demokratie in Venezuela auszuhebeln. Maduro hat durch eine verfassunggebende Versammlung das Parlament de facto entmachtet. Vorangegangen waren 2017 monatelange Proteste der Opposition, in deren Verlauf 125 Menschen getötet wurden.
(B. Semjonow--BTZ)