Zweifel an Wahlsieg von Oppositionskandidat Tshisekedi im Kongo
Nach dem überraschenden Sieg des Oppositionskandidaten Félix Tshisekedi bei der Präsidentschaftswahl in der Demokratischen Republik Kongo wächst die Sorge vor neuer Gewalt. Die nationale Wahlkommission Céni erklärte am Donnerstag Tshisekedi zum Sieger. Sein Hauptwidersacher von der Opposition, Martin Fayulu, sowie die einflussreiche katholische Kirche äußerten Zweifel an dem provisorischen Ergebnis. Auch international fielen die Reaktionen zurückhaltend aus.
Laut dem vorläufigen Ergebnis der Wahlkommission erhielt Tshisekedi 38,57 Prozent der Stimmen, knapp gefolgt von Fayulu mit 34,8 Prozent. Der vom langjährigen Machthaber Joseph Kabila auserkorene Nachfolger, Ex-Innenminister Emmanuel Ramazani Shadary, kam demnach nur auf 23,8 Prozent.
Tshisekedis Sieg wurde in der Zentrale seiner Partei Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt (UDPS), der ältesten und größten Oppositionspartei des Landes, bejubelt. Der 55-jährige Politiker, dessen Vater Etienne Tshisekedi die UDPS gründete, kündigte eine enge Zusammenarbeit mit Kabila an. Er bezeichnete ihn als "Partner im demokratischen Wandel".
Fayulu dagegen sprach von einem "Wahlputsch". Die veröffentlichten Resultate hätten "nichts mit der Wahrheit an den Urnen zu tun", sagte er dem Rundfunksender Radio France Internationale. Das kongolesische Volk werde diesen "Diebstahl" niemals akzeptieren.
Politische Beobachter vermuten einen Deal zwischen Kabila und Tshisekedi. Aus Sorge vor den internationalen Reaktionen habe Kabila eine allzu offenkundige Wahlfälschung zugunsten seines unpopulären Wunschkandidaten Shadary nicht gewagt, sagte der Analyst Robert Besseling von der Risikoberatungsfirma EXX Africa. "Stattdessen entschied er sich zu einer Spaltung der Opposition, im dem er mit Tshisekedi einen Deal zur Teilung der Macht schloss".
Während Anhänger Tshisekedis in der Hauptstadt Kinshasa den Sieg ihres Kandidaten mit Hupkonzerten feierten, kam es in Fayulus Hochburgen zu heftigen Protesten. Dabei wurden in Kikwit zwei Polizisten und zwei Anhänger des Oppositionskandidaten getötet.
International wuchs die Sorge vor einer Eskalation in dem Land, das seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1960 noch nie einen friedlichen Machtwechsel erlebt hat. UN-Generalsekretär Antonio Guterres appellierte an alle Beteiligten, "auf Gewalt zu verzichten".
Auch Frankreich rief zur Ruhe auf. "Es ist entscheidend, ruhig zu bleiben und Konfrontationen zu vermeiden", sagte Außenminister Jean-Yves Le Drian dem Sender CNEWS. Zugleich zweifelte er das Ergebnis der Präsidentschaftswahl an. "Es scheint, dass die ausgerufenen Ergebnisse nicht mit den Ergebnissen übereinstimmen, die man hier und dort sehen konnte." Wahlsieger sei "auf den ersten Blick" Fayulu.
Le Drian bezog sich dabei auf die parallele Auszählung der im Kongo einflussreichen katholischen Kirche, die rund 40.000 Wahlbeobachter abgestellt hatte. Am Donnerstag erklärte das Bischofsgremium Cenco, das Ergebnis entspreche nicht den von der Kirche ermittelten Zahlen.
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes erklärte, die Bundesregierung nehme das provisorische Ergebnis "zur Kenntnis". Sie nehme gleichzeitig "zur Kenntnis, dass diese Ergebnisse von einem Teil der Opposition bestritten worden sind". Ähnlich äußerten sich die EU und die Afrikanische Union. Der UN-Sicherheitsrat wird sich am Freitag mit der Wahl befassen.
Das amtliche Endergebnis wird am 15. Januar erwartet, bis dahin kann noch Beschwerde beim Verfassungsgericht eingelegt werden. Drei Tage später soll der neue Staatschef vereidigt werden.
Die Demokratische Republik Kongo ist eines der instabilsten Länder Afrikas. Die Präsidentschaftswahl hätte laut Verfassung eigentlich schon vor zwei Jahren stattfinden müssen. Kabila, der das Land seit der Ermordung seines Vaters im Januar 2001 regiert, weigerte sich jedoch, wie vorgesehen nach zwei Amtszeiten abzutreten. Daraufhin wurden die Wahlen mehrfach verschoben, Proteste blutig niedergeschlagen.
Auch die Verkündung des provisorischen Wahlergebnisses ließ auf sich warten - die Ergebnisse der Parlamentswahl stehen immer noch aus. Beide Wahlen fanden am 30. Dezember statt.
(D. Fjodorow--BTZ)