
Abgeordnete äußern parteiübergreifend Vorbehalte gegen Tests auf Down-Syndrom

Parteiübergreifend haben Bundestagsabgeordnete Vorbehalte gegen standardmäßige vorgeburtliche Bluttests geäußert. Sie forderten am Freitag eine Debatte im Bundestag über die ethischen und gesetzgeberischen Konsequenzen, sollten die Kosten für solche Tests von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Angesichts der Fortschritte in der genetischen Diagnose müsse die Gesellschaft die Frage beantworten, "wie wir mit den dadurch erzeugten Erkenntnissen umgehen wollen", sagte der CDU-Abgeordnete Rudolf Henke.
An der Initiative beteiligen sich auch Parlamentarier von SPD, FDP, Linken und Grünen. Zu den Unterstützern gehören unter anderem Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, Bundesforschungsministerin Anja Karliczek und der frühere Unions-Fraktionschef Volker Kauder (beide CDU) sowie die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Die Aufnahme der Bluttests, mit denen bei einem ungeborenen Kind etwa das Down-Syndrom erkannt werden kann, in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen wird derzeit geprüft.
Derzeit werden die seit 2012 erhältlichen Tests als Selbstzahlerleistung angeboten. Auf Antrag können die Kosten von bis zu 400 Euro auch von Krankenkassen übernommen werden.
Kritiker der Pränataldiagnostik warnen, dass die Tests zu steigenden Abtreibungszahlen bei Kindern mit Down-Syndrom führten. "Menschen mit Down-Syndrom sind nicht glücklicher oder unglücklicher als andere Menschen", sagte die SPD-Abgeordnete Dagmar Schmidt. "Eltern von Kindern mit Trisomie 21 sollten niemals in die Gefahr geraten, sich für die Geburt ihres Kindes rechtfertigen zu müssen."
Schwangere Frauen müssten immer selbst entscheiden können, ob sie ein Kind bekommen möchten, erklärte die Grünen-Politikerin Corinna Rüffer. Ihr Selbstbestimmungsrecht werde aber nicht durch immer mehr Tests gestärkt, "sondern wenn sie in dem Gefühl bestätigt werden, dass ihr Kind vorbehaltlos willkommen ist und sie Unterstützung erhalten, sollte das notwendig sein". Auch sollte man nicht "durch immer mehr Tests den Anschein erwecken, man habe unter Kontrolle, was für ein Kind man bekommt".
Die Linken-Abgeordnete Kathrin Vogler warnte, eine Kassenzulassung der Bluttests könne eine "Türöffnerfunktion" für die Anwendung weiterer vorgeburtlicher Analyseverfahren haben. Sie forderte eine gesetzliche Regulierung, "die jede Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen vermeidet". Von Fragen, "die unser ganzes Wertesystem betreffen", sprach der FDP-Politiker Pascal Kober im SWR.
Die Beteiligten an der fraktionsübergreifenden Initiative kritisieren in einem gemeinsamen Positionspapier, es gebe bisher keine Debatte darüber, "was denn eigentlich der Nutzen solcher Tests ist". Auch werde die Perspektive von Menschen mit Down-Syndrom zu wenig einbezogen.
"Mit Blick auf zukünftig absehbare pränataldiagnostische Diagnoseverfahren und die damit verbundene Markteinführung weiterer Tests möchten wir das Thema nun erneut aufgreifen", erklären die Parlamentarier. Damit verbundene ethische und rechtliche Fragestellungen "müssen mit der gebotenen Ernsthaftigkeit diskutiert werden".
Positiv zu den Bluttests äußerte sich die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar. Diese seien bei Risikoschwangerschaften "eine gute medizinische Alternative zur invasiven Diagnostik - der Fruchtwasseruntersuchung", weil sie mit "weniger Risiken für das ungeborene Kind und die Mutter verbunden" seien. Während aber Schwangere Bluttests selbst bezahlen müssten, würden Fruchtwasseruntersuchungen bereits heute von den Krankenkassen übernommen.
(S. Sokolow--BTZ)