Kirche: Kardinal Marx bekräftigt Notwendigkeit für Debatte über Zölibat
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat die Notwendigkeit einer Debatte auch über den Zölibat bekräftigt. Die katholische Kirche habe vielfach ihr Erschrecken und ihre Scham über immer neue Fälle sexuellen Missbrauchs ausgedrückt, sagte Marx am Freitag an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Auch er stehe fassungslos "vor den abscheulichen Verbrechen". Er fügte hinzu: "Aber ich sage es deutlich: Worte der Betroffenheit reichen nicht aus. Wir müssen handeln."
Marx hatte bereits bei der Vorstellung der Studie der Deutschen Bischofskonferenz zum Missbrauchsskandal eine Debatte auch über die katholische Sexualmoral und den Zölibat angemahnt; nun trug er diese Forderung erstmals außerhalb Deutschlands vor. In Rom findet derzeit die von Papst Franziskus einberufene Jugendsynode statt, an der Marx teilnimmt.
Der Münchner Kardinal forderte eine umfassende Debatte über Themen und Strukturen, die im Zusammenhang mit Missbrauch neu beleuchtet werden müssten: "Eine ehrliche Diskussion wird sich vielen Fragen stellen müssen: Machtmissbrauch und Klerikalismus, Sexualität und Sexualmoral, Zölibat und Ausbildung der Priester, Hinwendung zu den Opfern, Bestrafung von Tätern und kirchenrechtliche Verfolgung von Missbrauchstaten."
Der Münchner Erzbischof äußerte sich anlässlich der Eröffnung eines neuen Master-Studiengangs zum Kinderschutz an der Päpstlichen Universität Gregoriana.
Der Missbrauchsskandal erschüttert seit 2010 die katholische Kirche in Deutschland. Der kürzlich vorgestellten Studie der Bischofskonferenz zufolge fanden sich bei 1670 Klerikern Hinweise darauf, dass sie des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen beschuldigt wurden. Das entsprach 4,4 Prozent der Priester und Diakone, zu denen in den Beständen aus dem untersuchten Zeitraum von 1946 bis 2014 Akten existierten. Auffällig war, dass nur ein Prozent der nicht unter dem Zölibat lebenden Diakone tatverdächtig waren, aber mehr als fünf Prozent der zölibatär lebenden Gemeindepfarrer.
Die Macher der von den Bischöfen veranlassten Studie hatten eine Reihe von kircheninternen Problemen als Grund für den Missbrauchsskandal benannt - darunter etwa klerikale Strukturen, aber auch die katholische Sexualmoral mit dem Eheverbot für Priester und einer ablehnenden Haltung zu Homosexualität.
(L. Solowjow--BTZ)