Neue Welle der Gewalt im Gazastreifen verstärkt Sorge vor drohendem Krieg
Eine weitere Welle der Gewalt im Gazastreifen hat am Freitag die internationale Sorge vor einem neuen Krieg zwischen der radikalislamischen Hamas und Israel verstärkt. Bei palästinensischen Protesten an der Grenze des Küstenstreifens wurde nach Angaben der Armee zum ersten Mal seit vier Jahren ein israelischer Soldat getötet. Die Armee reagierte mit massiven Vergeltungsangriffen, bei denen nach Angaben der Hamas drei ihrer Kämpfer getötet wurden. Am frühen Samstagmorgen verkündete die Hamas eine Feuerpause mit Israel.
Ein israelischer Soldat sei von einer "terroristischen Gruppe" erschossen worden, erklärte die Armee. Ein Armeesprecher sagte Journalisten, die Tötung des Soldaten sei etwas, das die Armee "nicht tolerieren kann". Es sei das erste Mal seit dem letzten Gaza-Krieg im Jahr 2014 gewesen, dass ein israelischer Soldat bei einem Militäreinsatz in oder um Gaza starb.
Als Vergeltung attackierte Israel militärische Ziele der Hamas mit Panzern und Kampfflugzeugen. Die Hamas werde "die Konsequenzen für ihre Taten tragen", erklärte das israelische Militär. Bei den Vergeltungsangriffen wurden nach Angaben der Hamas zwei ihrer Kämpfer östlich von Chan Junis und ein dritter östlich von Rafah getötet. Ein vierter Palästinenser wurde laut dem Gesundheitsministerium in Gaza bei Protesten an der Grenze erschossen.
Das israelische Militär erklärte, es habe 40 Hamas-Stellungen angegriffen. Die Aktion sei Teil eines "großangelegten Angriffs". Die Hamas habe sich "entschieden, die Sicherheitslage zu eskalieren und wird die Konsequenzen für ihre Taten tragen", teilte das Militär mit. Die Luftangriffe wurden am Abend fortgesetzt.
Wie die israelische Armee mitteilte, wurden drei Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgeschossen, doch konnten zwei abgefangen werden. Wenige Stunden nach der Gewalteskalation erklärte die Hamas, sie habe sich auf eine Feuerpause mit Israel geeinigt. Mit Unterstützung Ägyptens und der Vereinten Nationen hätten sich beide Seiten auf eine "Rückkehr zum vorherigen Zustand der Ruhe" geeinigt, erklärte Hamas-Sprecher Fausi Barhum am frühen Samstagmorgen.
Israel geht seit einer Woche verschärft gegen militante Palästinenser im Gazastreifen vor. Diese setzen sich gegen den israelisches Beschuss und die seit 2007 anhaltende Blockade des Küstenstreifens zur Wehr, indem sie an Ballons und Drachen Brandsätze auf israelisches Gebiet fliegen lassen. Dabei wurden in Israel große Ackerflächen in Brand gesetzt. Seit Beginn der jüngsten gewaltsamen Auseinandersetzungen im Gazastreifen am 30. März wurden 149 Palästinenser getötet. Allein bei Massenprotesten zum israelischen Unabhängigkeitstag Mitte Mai wurden rund 60 Palästinenser an der Grenze des Gazastreifens erschossen und mehr als 2400 weitere verletzt.
Am vergangenen Wochenende gab es die bisher heftigsten Gefechte seit dem Gazakrieg 2014: So wurden aus dem Palästinensergebiet nach israelischen Angaben rund 200 Raketen und Granaten abgefeuert. Die Hamas und Israel hatten sich auch damals auf eine Feuerpause verständigt.
Die Gewalteskalation hat die Sorge vor einem neuen Krieg zwischen Israel und der Hamas geweckt, die seit 2008 bereits drei Kriege geführt haben. UN-Sonderkoordinator für den Nahost-Friedensprozess, Nickolai Mladenow, rief beide Seiten zur Zurückhaltung auf. "Alle im Gazastreifen müssen von der Klippe zurücktreten. Nicht nächste Woche. Nicht morgen. Genau jetzt!", forderte Mladenow.
(F. Dumont--BTZ)