Bundeskanzlerin Merkel: Einstufung von Maghreb-Ländern als sichere Staaten
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) pocht angesichts des Widerstands der Grünen auf die Aufnahme von Tunesien, Marokko und Algerien auf die Liste der sicheren Herkunftsstaaten. Es müsse "sehr schnell" geklärt werden, wer keinen Anspruch auf Asyl habe, sagte Merkel am Freitag in Berlin. Die Grünen sollten in "intensiven Gesprächen" überzeugt werden. Grünen-Chef Robert Habeck bekräftigte dagegen seine Ablehnung der Regierungspläne.
Deutschland brauche "noch mehr Ordnung und Steuerung der Migration", sagte Merkel am Freitag bei der traditionellen Sommer-Pressekonferenz in Berlin. "Auf der einen Seite wollen wir denen, die Schutz brauchen, auch Schutz geben. Aber auf der anderen Seite wollen wir auch denen gegenüber, die keinen Anspruch auf Hilfe haben, dieses sehr schnell klären und damit auch nicht Hoffnungen wecken, die dann nicht eingelöst werden können."
Merkel kündigte "intensive Gespräche" an, um für ihre Pläne zu werben und die Grünen umzustimmen. Es gehe um "Argumente, um Überzeugung, darüber, dass man miteinander spricht". Das Kabinett hatte am Mittwoch beschlossen, die nordafrikanischen Staaten Tunesien, Marokko und Algerien sowie die Ex-Sowjetrepublik Georgien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Dadurch könnten die Asylverfahren für Menschen aus diesen Ländern beschleunigt und abgelehnte Bewerber schneller abgeschoben werden.
Allerdings haben die Grünen Widerstand im Bundesrat gegen das Vorhaben angekündigt, sie bemängeln die Menschenrechtslage in den nordafrikanischen Maghreb-Staaten. Mindestens zwei Länder mit Regierungsbeteiligung der Grünen müssen in der Länderkammer für das Gesetz stimmen, damit eine Mehrheit zustande kommt. Die Grünen hatten eine Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten bereits in der Vergangenheit scheitern lassen.
Die Union erhöht deswegen den Druck auf die Grünen. "Die grün mitregierten Bundesländer haben bisher gegen jede Vernunft im Bundesrat eine Blockadehaltung eingenommen", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in enem Interview vom Freitag. "Ich fordere alle Bundesländer mit dieser Verweigerungshaltung auf, sich endlich ihrer Verantwortung zu stellen."
"Eine zukunftsfähige Asylpolitik muss ganz klar trennen zwischen Menschen, die aus wirtschaftlichen oder kriminellen Motiven nach Deutschland kommen wollen und solchen, die in ihren Heimatländern verfolgt wurden und daher wirklich schutzwürdig sind", sagte Herrmann.
Der CDU-Innenexperte Armin Schuster sagte nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, es gebe "keinen vernünftigen Grund für die Verweigerungshaltung". Er verwies auf "Anerkennungsquoten unter fünf Prozent" für Asylbewerber aus den Maghreb-Staaten.
Grünen-Chef Habeck machte aber erneut seine Ablehnung der Regierungspläne deutlich. Die Lage in den Maghreb-Staaten entspreche nicht den Vorgaben des Verfassungsgerichtes, "dass alle Gruppen sicher sein müssen vor Verfolgung", sagte Habeck nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview.
Die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländern auszuweisen würde auch kein Problem lösen, kritisierte der Grünen-Chef. "Wenn es darum geht, Menschen ohne Asylanspruch schneller zurückzuführen, müsste sich die Bundesregierung um funktionierende Rückführungsabkommen kümmern." Wenn es um die Bekämpfung von Kriminalität gehe, brauche man gut ausgestattete und kooperierende Sicherheitsbehörden.
(L. Brown--BTZ)