EU mahnt zu verstärkter Vorbereitung auf Scheitern der Brexit-Verhandlungen
Acht Monate vor dem Brexit hat die EU die Mitgliedstaaten und Unternehmen aufgefordert, ihre Vorbereitungen auf ein mögliches Scheitern der Austrittsverhandlungen zu verstärken. EU-Länder, Regionen, Kommunen und Firmen müssten sich auf "alle Szenarien" vorbereiten, erklärte die EU-Kommission. Zwar arbeite die EU "Tag und Nacht" daran, mit London einen "geordneten Austritt" zu vereinbaren. Es sei aber "noch immer ungewiss ist, ob zum Austrittsdatum ein ratifiziertes Austrittsabkommen vorliegen" werde.
"Die Notfallplanung für das schlechtestmögliche Ergebnis ist kein Zeichen von Misstrauen in den Verhandlungen", betonte die Kommission in der Mitteilung. Die EU unternehme "große Anstrengungen", um eine Einigung zu erzielen. "Das bleibt unser Ziel. Das Ergebnis der Verhandlungen kann jedoch nicht vorhergesagt werden."
Großbritannien will am 29. März 2019 aus der EU austreten. Das Austrittsabkommen soll die Trennung des Vereinigten Königreichs von der Europäischen Union regeln. Die Verhandlungen darüber sollen bis Oktober abgeschlossen werden, weil danach noch die Parlamente auf beiden Seiten des Ärmelkanals der Vereinbarung zustimmen müssen.
Nach dem Brexit soll es dann eine Übergangsphase bis Ende 2020 geben. In Ihr würde Großbritannien noch im europäischen Binnenmarkt und in der Zollunion bleiben, um die Folgen für die Wirtschaft abzufedern. In einer Mitteilung verwies die Kommission ausdrücklich darauf, dass es ohne Austrittsabkommen auch keine Übergangsphase geben werde. Dann könnten schon im März 2019 die Zollschranken zu Großbritannien wieder hochgehen.
Eine Sprecherin der britischen Premierministerin Theresa May verwies darauf, dass auch Großbritannien sich auf ein mögliches "No-Deal-Szenario" vorbereite, also ein Scheitern der Brexit-Verhandlungen. Auch London wolle dieses Ergebnis nicht, und die Fortschritte der Brexit-Gespräche ließen vermuten, "dass dies nicht das ist, wo wir am Ende landen werden". Eine "verantwortungsvolle Regierung" müsse sich aber darauf vorbereiten.
In Brüssel wurde am Donnerstagnachmittag erstmals der neue britische Brexit-Minister Dominic Raab erwartet. Er soll erste Gespräche mit dem EU-Unterhändler Michel Barnier führen, nachdem sein Vorgänger David Davis im Streit mit May über den Brexit-Kurs zurückgetreten war.
Die irische Regierung hatte am Mittwoch eine Reihe konkreter Schritte zur Vorbereitung auf den Brexit einschließlich eines No-Deal-Szenarios beschlossen. Das EU-Land braucht demnach in jedem Fall etwa 600 bis 700 zusätzliche Zollbeamte für Kontrollen an Häfen und Flughäfen, 200 Experten für Ein- und Ausfuhrkontrollen bei Tieren und Pflanzen sowie weitere 120, um die dafür nötigen Zertifikate auszustellen.
"Bedeutende Investitionen" seien auch in die dafür nötige Infrastruktur in den Häfen und an den Flughäfen nötig, erklärte die irische Regierung weiter. Sie verwies zudem darauf, dass sie für Unternehmen bereits 450 Millionen Euro bereit gestellt habe, um sich auf den Brexit vorzubereiten.
Irland hat auch 500 Kilometer Grenze zu Nordirland, an der es derzeit keine Kontrollen gibt. Ziel Großbritanniens und der EU ist es, in den Brexit-Verhandlungen eine "harte Grenze" mit wiedereingeführten Kontrollen zu vermeiden. Ob dies möglich sein wird, ist aber offen.
(B. Semjonow--BTZ)