London: Brexit-Kampagne muss Geldstrafe wegen Spenden zahlen
Die beim Brexit-Referendum 2016 siegreiche Kampagne zum Austritt Großbritanniens aus der EU muss wegen Verstößen gegen Kostenvorgaben eine Geldstrafe zahlen. Die Wahlaufsicht warf der Vote-Leave-Kampagne am Dienstag irreführendes Finanzgebaren vor: Die Gruppierung habe einer kleineren Pro-Brexit-Kampagne vor dem Volksentscheid eine Spende von mehr als 675.000 Pfund (760.000 Euro) zugeschustert, um selbst die Obergrenze von sieben Millionen Pfund für die Kampagnenausgaben nicht zu überschreiten.
Mit der Spende an die kleinere Kampagne BeLeave habe Vote Leave die Obergrenze umgehen wollen, begründete die Wahlaufsicht die Strafe. Zusammen lagen die Ausgaben der beiden Pro-Brexit-Kampagnen nach Angaben der Wahlaufsicht um fast 500.000 Pfund über dem rechtlich zulässigen Maximum. Zudem sei der Ausgabenbericht von Vote Leave unvollständig und fehlerhaft gewesen.
Die Umleitung von Spendengeldern für sich genommen ist nicht verboten. Allerdings dürfen die beteiligten Kampagnengruppen sich nicht miteinander abstimmen, was Vote Leave und BeLeave nach Informationen der Wahlaufsicht aber getan haben sollen.
Deswegen schlug die Behörde die betreffenden Kampagnenausgaben von BeLeave jenen der Vote-Leave-Kampagne zu, womit diese die zulässige Obergrenze überschritt. Wegen des Regelverstoßes muss Vote Leave eine Geldstrafe in Höhe von 61.000 Pfund entrichten. Für den Gründer von BeLeave, Darren Grimes, sind 20.000 Pfund fällig, die Höchstsumme für eine Einzelperson. Prominentestes Gesicht der größeren Vote-Leave-Kampagne war der spätere Außenminister Boris Johnson.
Die Wahlaufsicht übergab ihre Erkenntnisse der Polizei. Diese solle klären, ob "irgendwelche Personen sich Vergehen schuldig gemacht haben, die außerhalb unserer Befugnisse liegen", erklärte die Behörde. Deren Direktor für politische Finanzen, Bob Posner, sprach von "ernsten Verletzungen" der vom Parlament verabschiedeten Gesetze für faire und transparente Wahlen und Referenden.
Ein Sprecher von Vote Leave kritisierte, der Bericht der Wahlaufsicht enthalte "falsche Anschuldigungen und unrichtige Erklärungen". Die Behörde habe sich auf nicht bewiesene Behauptungen von "Whistleblowern" und "Verschwörungstheorien" gestützt. Vote Leave sei dagegen nicht gefragt worden. Die Wahlaufsicht wiederum warf Vote Leave vor, jegliche Zusammenarbeit mit ihr abgelehnt zu haben.
Premierministerin Theresa May erhielt unterdessen nach Zugeständnissen an die Europaskeptiker in ihrer konservativen Partei die Unterstützung des Parlaments bei einer weiteren Abstimmung zum Brexit. Die Abgeordneten im Unterhaus stimmten am Montagabend mit 318 zu 285 Stimmen für ein Gesetzesvorhaben zur künftigen Zollregelung in Großbritannien.
May hatte zuvor zwei Änderungsanträgen der Brexit-Hardliner zugestimmt. Dabei ging es um die Erhebung von Zöllen durch Großbritannien für die EU, wenn die EU dasselbe für Großbritannien tut, sowie um eine von der EU abweichende Mehrwertsteuer. Die Vorlage muss nun noch das Oberhaus passieren, bevor sie zur endgültigen Abstimmung zurück ins Unterhaus geht.
Aus Protest gegen die Zugeständnisse der Regierung trat Verteidigungsstaatssekretär Guto Bebb am Montagabend zurück. May versicherte, die Zugeständnisse stellten kein Abrücken von ihrem kürzlich vorgelegten Brexit-Plan dar.
May kämpft um Unterstützung für ihre Brexit-Strategie bei den Brexit-Hardlinern sowie bei den Pro-Europäern in der eigenen Partei. Durch die Rücktritte mehrerer Brexit-Hardliner, darunter Außenminister Boris Johnson, war May zuletzt verstärkt unter Druck geraten.
(N. Lebedew--BTZ)