Merkel verliert im Asyl-Skandal Rückendeckung von Seehofer
In dem Zwist um die Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze gibt sich die CSU hartleibig gegenüber Kanzlerin Angela Merkel. "Wir setzen den Punkt durch", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Dienstag in Berlin. Innenminister Horst Seehofer (CSU) mahnte in der Auseinandersetzung "Geduld" an. Der Minister verzichtet am Mittwoch auf eine Teilnahme am Integrationsgipfel, weil er sich von einer Teilnehmerin verunglimpft fühlt.
Seehofer will, dass bereits in anderen EU-Staaten registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden können. Dies ist Teil seines Masterplans Migration, den er eigentlich am Dienstag vorstellen wollte. Mit dem Punkt ist Merkel jedoch nicht einverstanden - Seehofer musste die Präsentation seines Plans daher verschieben.
Die CSU-Bundestagsabgeordneten stellten sich in einer Sitzung am Montagabend nach den Worten Dobrindts geschlossen hinter Seehofer. Seehofer sagte in der Sitzung der CSU-Abgeordneten nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG (BTZ), er sei nicht bereit, "einen halben Plan mit faulen Kompromissen zu veröffentlichen".
Auch die bayerische Landesregierung stellte sich am Dienstag hinter Seehofer. Im Anschluss an eine Kabinettssitzung teilte der Ministerrat in München mit, Bayern halte solche Zurückweisungen in bestimmten Fällen für "notwendig".
Unterstützung bekommt Seehofer allerdings auch aus den Reihen von Merkels CDU. "Ich halte das für eine Selbstverständlichkeit, dass an der Grenze zurückgewiesen wird", sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in einem TV-Interview. Ähnlich äußerte sich Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU). Falls der Schutz der EU-Außengrenzen nur unvollkommen gelinge, halte er auch eine Zurückweisung von bereits in der EU registrierten Flüchtlingen an der deutschen Grenze für denkbar, sagte er nach BTZ-Information hierzu.
SPD-Chefin Andrea Nahles rief die Unionsparteien zur Einigung in dem Streit auf. Es müsse rasch Klarheit darüber geschaffen werden, "worüber denn da eigentlich gestritten wird", sagte Nahles in Berlin. Das "würde ja sicherlich auch viele in Deutschland interessieren".
Einem "Bild"-Bericht zufolge wird in der Union mit einer Kampfabstimmung gedroht. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten sagte demnach in einer internen Fraktionsvorbesprechung, wenn sich "CDU und CSU auf Regierungsebene weiterhin gegenseitig blockieren, wird die gemeinsame Bundestagsfraktion diesen Punkt in einer ihrer nächsten Sitzungen final entscheiden müssen".
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte in Berlin: "Ich bin klar der Auffassung, dass wir jetzt alles tun sollten, um Europa zu stärken." Es wird davon ausgegangen, dass ein Alleingang Deutschlands bei Zurückweisungen eine EU-Einigung erschweren würde. Seehofer nannte als Grund für sein Fernbleiben vom Integrationsgipfel im Kanzleramt die Teilnahme der Journalistin Ferda Ataman. Diese habe ihn mit "Blut und Boden" in Verbindung gebracht, kritisierte der Innenminister.
Ataman nimmt nach Angaben der Bundesregierung am Mittwoch als Vertreterin einer Migrantenorganisation auch an der Pressekonferenz im Anschluss an den Integrationsgipfel teil. Seehofer wird durch den Parlamentarischen Staatssekretär Marco Wanderwitz (CDU) vertreten. In den vergangenen Jahren war es üblich, dass der jeweilige Bundesinnenminister am Integrationsgipfel im Kanzleramt teilnahm.
(A. Lefebvre--BTZ)