Streit in der Union - Vorstellung von Seehofers Asyl-Masterplan abgesagt
Der unionsinterne Streit um die Asylpolitik ist abermals voll entflammt: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte die für Dienstag geplante Vorstellung seines "Masterplans Migration" ab. "Einige Punkte müssen noch abgestimmt werden", erklärte das Ministerium am Montag zur Begründung. BERLINER TAGESZEITUNG erfuhr, Grund für die Terminabsage seien ungeklärte Differenzen zwischen Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Frage der Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze.
Merkel hatte am Sonntagabend der CSU-Forderung eine Absage erteilt, Flüchtlingen an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Sie wolle, dass Deutschland "nicht einseitig national" agiere, sagte die Kanzlerin in der ARD-Sendung "Anne Will". Über den Masterplan sei die Regierung "noch in intensiven Gesprächen".
Seehofer hatte das Paket mit 63 Maßnahmen zur Asylpolitik eigentlich am Dienstag vorstellen wollen. Das Bundesinnenministerium bestätigte schließlich in einer kurzen Mitteilung, der Termin sei "verschoben" worden. "Ein neuer Termin steht noch nicht fest." CSU-Landesgrupppenchef Alexander Dobrindt beharrte am Montag auf der Position seiner Partei. "Diese Zurückweisung muss Teil eines Masterplans Migration sein", erklärte Dobrindt. "Das ist die Rechtslage in Europa. Und ich will, dass die Rechtslage an den Grenzen umgesetzt und durchgesetzt wird."
Das Jahr 2015 - der Höhepunkt der Flüchtlingskrise - dürfe sich nicht wiederholen, mahnte Dobrindt. "Dazu gehört die Bereitschaft, an unseren Grenzen geltendes Recht durchzusetzen und Menschen zurückzuweisen, die bereits in einem anderen europäischen Land registriert und in der europäischen Fingerabdruckdatei vermerkt sind."
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stellte sich klar hinter Seehofer: "Ich habe mit Bundesinnenminister Horst Seehofer über seine Pläne gesprochen. Er hat dafür volle Rückendeckung aus Bayern", sagte Söder nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. "Die Menschen erwarten, dass gehandelt wird in Berlin."
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ergriff ebenfalls für Seehofer Partei: "Wir brauchen eine stärkere Präsenz der Bundespolizei an der deutschen Grenze", sagte er nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. "Wenn sich hier bei einer Personenüberprüfung herausstellt, dass jemand nach Deutschland will, der bereits eine Einreisesperre hat, und sein Asylantrag abgelehnt wurde, muss ihn die Bundespolizei zurückweisen."
Die SPD kommentierte den Streit in der Union mit Spott: "Upps: Merkel lässt Seehofer auflaufen", schrieb der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter. "Aus einem Masterplan wird ein Desasterplan."
Die migrationspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Linda Teuteberg, bezeichnete die Absage des Masterplans als "Desaster für die Bundesregierung". Der Konflikt in der Union blockiere in dieser wichtigen Frage die Regierung und das Land. Dabei müsse gerade jetzt Handlungsfähigkeit gezeigt werden, auch um das Vertrauen der Menschen wiederherzustellen.
(K. Berger--BTZ)