Bundestagswahl: Späte Kandidatenkür war Ursachen für SPD-Niederlage
Unklarheiten beim Profil und die späte Kür des SPD-Kanzlerkandidaten waren nach einer am Montag vorgestellten Analyse wesentliche Gründe für die Niederlage der Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl. Parteichefin Andrea Nahles und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kündigten als Konsequenz eine strukturelle Neuaufstellung an. Die SPD hatte die externe Analyse nach ihrem Debakel bei der Wahl im vergangenen September in Auftrag gegeben.
Nahles verwies mit Blick auf deren Ergebnisse auch auf einen Mangel an klaren Führungsstrukturen und zu wenig Teamarbeit in der Berliner Parteizentrale während des Wahlkampfs. "Die rechte Hand wusste oft nicht, was die linke will", räumte die Parteichefin in Berlin ein. Zugleich stellte sie klar: "Es war nicht eine einzelne Person an der Spitze verantwortlich für die Misere." Vielmehr hätten im Wahlkampf der SPD generell klare Botschaften gefehlt. "Die Genossen an den Infoständen wussten nicht: Was sind die fünf Ziele, für die wir kämpfen?"
Die Sozialdemokraten hatten bei der Bundestagswahl im September 2017 mit 20,5 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik eingefahren. In der nun vorgestellten Analyse werden der SPD auch eine verfehlte Kommunikationsstrategie sowie "Angst vor Klartext" bescheinigt. Häufige Positionswechsel hätten zudem zu einem Vertrauensverlust beigetragen. Letztlich seien selbst Wähler, die SPD-Positionen grundsätzlich offen gegenüberstanden, von der Partei abgerückt und zwar quer durch alle gesellschaftlichen Gruppen.
"Die SPD muss sich wieder eine Haltung zulegen und daraus Politik ableiten", lautet eine der Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe aus Wahlforschern und Medienexperten. Dabei müsse sie auch bereit sein, "den pragmatischen Mittelweg zu verlassen".
Klingbeil machte deutlich, dass die Parteispitze die Ergebnisse der Analyse ernst nehme. "Wir müssen wegkommen von dem Grundsatz, dass wir allen gefallen wollen", sagte er nach Beratungen der Spitzengremien der Partei in Berlin. "Wir müssen auch wieder anecken." Ebenso sei es aber wichtig, "wegzukommen von kurzfristigen Strategiewechseln", ausgelöst häufig durch Ergebnisse von Meinungsumfragen.
Der SPD-Generalsekretär kündigte eine grundlegende Neuaufstellung der SPD an, mahnte dabei aber auch zu einem langen Atem: "Das ist ein Weg, der sehr langfristig sein wird." Vertrauen könne man "in sehr kurzer Zeit verlieren, aber Vertrauen zurückgewinnen, ist ein längerer Prozess". Er äußerte sich aber auch überzeugt, dass die SPD ein "großes Potenzial" habe. Dies habe etwa der kurzfristige Aufschwung nach der Nominierung von Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten gezeigt.
Klingbeil wies mit Blick auf den laufenden Reformprozess der SPD weiter darauf hin, dass in den Monaten seit der Wahl "vieles bereits umgesetzt" worden sei, um auch in der nun vorgelegten Analyse benannte "strukturelle Defizite" zu beseitigen. "Anderes werden wir in den nächsten Wochen diskutieren", sagte er weiter. Dazu gehöre auch, künftig "rechtzeitig in einem geordneten Verfahren zu bestimmen, wer bei uns Kanzlerkandidat wird". Zudem solle noch vor der Sommerpause über neue Strukturen in der Parteizentrale beraten werden.
(O. Karlsson--BTZ)