Irak: Alle Stimmen der Parlamentswahl sollen neu ausgezählt werden
Knapp einen Monat nach dem überraschenden Sieg des Bündnisses von Schiitenführer Moktada Sadr bei der Parlamentswahl im Irak sollen alle Stimmen des Urnengangs neu ausgezählt werden. Bei einer außerordentlichen Sitzung des scheidenden Parlaments in Bagdad stimmten am Mittwoch 173 der 328 Abgeordneten für die Neuauszählung der knapp elf Millionen Stimmzettel per Hand, wie BERLINER TAGESZEITUNG aktuell erfuhr.
Außerdem setzte das Parlament die Arbeit der Hohen unabhängigen Wahlkommission aus und setzte ihre neun Mitglieder ab. Über die Neubesetzung des Gremiums sollen nun Richter entscheiden.
Laut den offiziellen Ergebnissen war bei dem Urnengang vom 12. Mai Sadrs Allianz mit den Kommunisten die stärkste Kraft im irakischen Parlament geworden. Platz zwei belegte demnach die Eroberungsallianz, die von früheren Kämpfern aus paramilitärischen Einheiten gegründet wurde, die mehrheitlich vom Iran unterstützt wurden. Die Liste des amtierenden Regierungschefs Haider al-Abadi wurde den Angaben zufolge nur drittstärkste Kraft.
Seit Verkündung des offiziellen Wahlergebnisses herrscht im Irak Unsicherheit, wer das Land künftig regieren wird. Es mehren sich die Vorwürfe des Wahlbetrugs. Kritiker heben hervor, die erstmals im Irak eingesetzten Wahlautomaten hätten Manipulationen ermöglicht. Forderungen nach einer Annullierung der Wahlergebnisse wurden insbesondere in der autonomen Kurdenregion des Irak sowie aus den Reihen der etablierten Parteien laut. Auch Parlamentspräsident Salim al-Dschuburi hatte wiederholt eine Neuauszählung der Stimmen gefordert.
(I. Johansson--BTZ)