Tunesien: Innenminister nach jüngster Flüchtlingskatastrophe entlassen
Nach dem Flüchtlingsunglück vor der Küste Tunesiens mit mehr als 60 Toten hatte Innenminister Lotfi Brahem zehn Vertreter der Sicherheitsbehörden abgesetzt, nun hat er selbst seinen Posten verloren. Justizminister Ghazi Jeribi werde das Innenressort übergangsweise übernehmen, ließ Regierungschef Youssef Chahed am Mittwoch in Tunis mitteilen. Zu den Gründen von Brahems Entlassung wurden offiziell keine Angaben gemacht.
Die Entscheidung wurde nach einem Treffen von Chahed mit Staatschef Béji Caïd Essebsi mitgeteilt. Aus Regierungskreisen erfuhr BERLINER TAGESZEITUNG, dass die Beziehungen zwischen Chahed und Brahem unterkühlt gewesen seien und die Entlassung des Innenministers insbesondere nach dem Bootsunglück vor den osttunesischen Kerkennah-Inseln erwartet worden sei. Dabei waren in der Nacht zum Sonntag mindestens 66 Bootsflüchtlinge, zumeist Tunesier, ums Leben gekommen.
Nach Angaben eines Überlebenden war das neun Meter lange Boot mit rund 180 Menschen überladen gewesen. Laut Internationaler Organisation für Migration (IOM) war es das folgenschwerste Bootsunglück im Mittelmeer seit dem 2. Februar, als 90 Migranten vor der Küste Libyens ertranken. Auf Grundlage einer vorläufigen Untersuchung des Vorfalls vor den Kerkennah-Inseln hatte Brahem am Mittwoch zehn hochrangige Vertreter der Sicherheitsbehörden entlassen.
(U. Schmidt--BTZ)