Grüne werfen der großen Koalition Planlosigkeit in der Europapolitik vor
Der EU-Gipfel zur Reform der Eurozone naht - und die Bundesregierung hat sich in vielen Punkten noch nicht positioniert. Die Grünen werfen der großen Koalition daher Planlosigkeit vor. "Das hat mit verantwortungsbewusster Europapolitik nichts zu tun", sagte die Grünen-Europaexpertin Franziska Brantner nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG.
Deutschland und Frankreich wollen vor dem EU-Gipfel Ende des Monats gemeinsame Pläne für eine Reform der Eurozone vorlegen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte schon im vergangenen Jahr ehrgeizige Pläne für eine Reform der Währungsunion vorgestellt. Sie sahen unter anderem einen gemeinsamen Haushalt der Eurozone sowie einen europäischen Finanzminister vor - das stößt bei CDU und CSU aber auf breiten Widerstand.
Wegen der langwierigen deutschen Regierungsbildung hat sich das Vorhaben gemeinsamer Vorschläge zudem immer wieder verzögert. Der EU-Gipfel Ende Juni gilt nun als letzter Termin, um vor der Europawahl 2019 zumindest noch kurzfristig mögliche Projekte auf den Weg zu bringen.
Ein von Deutschland und Frankreich verfolgter Plan ist, den Euro-Rettungsfonds ESM in einen Europäischen Währungsfonds umzubauen. Doch was die Details angeht, sucht die große Koalition in Berlin noch nach einer Position.
Auf eine Anfrage Brantners nach den Einzelheiten der Weiterentwicklung des ESM teilte das Bundesfinanzministerium der Grünen-Politikerin mit: "Die Entscheidungsfindung innerhalb der Bundesregierung ist hierzu noch nicht abgeschlossen." Zu den Gesprächen mit Frankreich heißt es in einem Schreiben des Ministeriums auf eine weitere Anfrage der früheren EU-Abgeordneten, die Verhandlungen zur Vorbereitung eines gemeinsamen Vorschlags für den Juni-Gipfel liefen aktuell auf verschiedenen Ebenen. "Die konkrete Positionierung der Bundesregierung im Detail dauert in einigen Bereichen noch an", teilte das Ministerium Brantner mit.
Die Grünen-Abgeordnete befürchtet nun, dass das von Macron massiv beworbene Vorhaben einer EU-Reform wegen der Uneinigkeit von Union und SPD scheitert. "Ich bin betroffen darüber, dass die Bundesregierung noch immer keinen Plan hat, wie sie auf Emmanuel Macron reagieren soll", sagte Brantner.
(W. Winogradow--BTZ)