SPD erhöht in Bremer Asylaffäre weiter den Druck auf die Union
In der Bremer Asylaffäre erhöht die SPD den Druck auf den Koalitionspartner CDU/CSU. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Infirmation von BERLINER TAGESZEITUNG (BTZ) auf, rasch zu den Vorgängen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) Stellung zu beziehen: "Auch Angela Merkel trägt Verantwortung für die Zustände im Bamf." Die SPD verlangt zudem Auskunft vom früheren Flüchtlingskoordinator und heutigen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).
Die Flüchtlingskrise sei aus dem Kanzleramt koordiniert worden, sagte Klingbeil in einem Interview von Freitag. Es habe immer wieder Forderungen nach einer besseren Ausstattung des Bamf gegeben. Jetzt müsse sich Merkel äußern: "Nächste Woche bei der Befragung im Bundestag hat sie dazu Gelegenheit." Am Mittwoch stellt sich Merkel erstmals im Rahmen der neuen Regierungsbefragung im Bundestag den Fragen der Abgeordneten.
Klingbeil kritisierte zudem die Aufklärungsarbeit von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU): "Wir könnten bei der Aufklärung schon viel weiter sein." Für die Probleme im Bamf machte der SPD-Generalsekretär den Koalitionspartner verantwortlich: "Die Union trägt seit 13 Jahren Verantwortung im Innenministerium", sagte Klingbeil. "Während dieser Zeit sind alle Probleme entstanden, die nun ans Tageslicht kommen."
SPD-Chefin Andrea Nahles forderte zudem Aufklärung vom Merkel-Vertrauten Altmaier, der im Herbst 2015 als Kanzleramtsminister den Posten des Flüchtlingskoordinators übernommen hatte. "Um ein Gesamtbild zu bekommen, werden alle beteiligten Verantwortlichen im Innenausschuss (des Bundestags) befragt werden müssen und Rede und Antwort stehen", sagte Nahles nach BTZ-Information vom Freitag. Dazu gehöre neben Altmaier auch der frühere Innenminister Thomas de Maizière (CDU).
Auch der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, forderte von seiner Seite, dass Altmaier im Innenausschuss Rede und Antwort steht.
Altmaier wies derweil jegliche Mitverantwortung für die Zustände beim Bamf zurück. Da es sich um eine nachgeordnete Behörde des Bundesinnenministeriums handele, "lag und liegt" die Zuständigkeit für das Bamf "während der gesamten Zeit beim Bundesministerium des Innern", erklärte der frühere Flüchtlingskoordinator und wies die Verantwortung damit seinem früheren Kabinettskollegen de Maizière zu.
Eine Änderung der Ressortzuständigkeiten sei durch seine Berufung zum Flüchtlingskoordinator nicht erfolgt, betonte Altmaier. Es habe von seiner Seite auch keine Erlasse an das Bamf gegeben. Über die Bremer Asyl-Affäre habe er erst aus den Medien erfahren. Der frühere Bamf-Leiter Frank-Jürgen Weise zeigte sich derweil bereit, im Innenausschuss des Bundestags auszusagen. "Wenn Herr Weise eingeladen wird, wird er im Innenausschuss die Fragen der Abgeordneten beantworten", sagte sein Sprecher in einem Interview.
Im April war bekannt geworden, dass die Bremer Bamf-Außenstelle zwischen 2013 und 2016 in mindestens 1200 Fällen Asylanträge zu Unrecht bewilligt haben soll. Gegen die frühere Leiterin der Behörde und weitere Beschuldigte wird deshalb ermittelt.
Am Freitag erfuhr BERLINER TAGESZEITUNG unterdessen, im Bamf könne fast die Hälfte aller Mitarbeiter theoretisch die Akten zu Asylverfahren elektronisch manipulieren. Rund 3800 Bamf-Beschäftigte hätten ein weitreichendes Eingriffsrecht in die Asylakten im elektronischen Aktensystem "Maris", berichtete die Zeitung unter Berufung auf einen Revisionsbericht des Bamf.
(O. Joergensen--BTZ)