SPD wirft der Union schwere Versäumnisse in der Bamf-Affäre vor
In der Bamf-Affäre hat die SPD dem Koalitionspartner Union schwere Versäumnisse vorgeworfen. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, sagte am Dienstag, eine Mischung aus "Schlamperei und Gleichgültigkeit" habe dazu geführt, dass die Missstände im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht abgestellt worden seien. Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Bamf-Chefin Jutta Cordt wurden im Bundestags-Innenausschuss wegen des Skandals befragt.
Lischka sagte, er erwarte sich eine Antwort auf die Frage, warum es seit Anfang 2014 Hinweise auf Versäumnisse und Fehlverhalten in der Bremer Bamf-Außenstelle gegeben habe, aber dennoch in den nächsten Jahren "offensichtlich weggeschaut" wurde. "Diese Vorgänge in Bremen konnten sich aus meiner Sicht nur zu einem handfesten Skandal auswachsen, weil insbesondere auch die Zentrale und die Leitung" des Bamf über lange Zeit weggeschaut hätten.
Im April war bekannt geworden, dass die Bremer Bamf-Außenstelle zwischen 2013 und 2016 in mindestens 1200 Fällen Asylanträge zu Unrecht bewilligt haben soll. Seehofer, der rund zweieinhalb Monate nach Amtsantritt bereits die erste Krise als Innenminister bestehen muss, hatte zuvor hervorgehoben, die angeprangerten Missstände im Bamf hätten vor seiner Zeit stattgefunden, also unter seinem Vorgänger Thomas de Maizière (CDU).
"Die Missstände rund um das Bamf sind seit vielen Jahren bekannt", sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Luise Amtsberg, vor der Sondersitzung. Es gehe nun um die Frage, "welche Strukturen müssen verbessert werden, damit wir lückenlos rechtsstaatliche Asylverfahren garantieren können".
Amtsberg verlangte von Seehofer und Cordt umgehende Aufklärung über Versäumnisse im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, bekräftigte die Forderung seiner Partei, wegen der Affäre einen Untersuchungsausschuss des Bundestags einzusetzen.
Während FDP und AfD die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fordern, sind die Grünen und die Linke bislang zurückhaltend. Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Ulla Jelpke, forderte Seehofer in einem Radio-Interview auf, auch im eigenen Ministerium nach Fehlern zu suchen. Derweil wies der Personalrat des Bamf in einem Brief Cordt eine Mitverantwortung zu und nahm die Mitarbeiter in Schutz, wie BERLINER TAGESZEITUG erfuhr. Für die Misere sei die Führung des Amtes verantwortlich.
Viele Bamf-Mitarbeiter hätten "kein Verständnis", dass es nach Bekanntwerden der Affäre am Willen zur Aufklärung ebenso mangle wie am Willen, nötige Konsequenzen zu ziehen, schreiben Personalratschef Rudolf Scheinost und sein Vize Paul Müller nach BTZ-Information.
Der Personalrat kritisiert, dass die Bamf-Mitarbeiter pauschal dem Verdacht ausgesetzt würden, "im Bamf herrsche Inkompetenz und Willkür". Dafür verantwortlich seien aber Vorgaben von oben. "Bis heute" werde der Erledigung von Fällen Vorrang eingeräumt, Qualität werde dem "vollständig untergeordnet". Dies habe dazu geführt, dass "bewusst" Einschränkungen in der Rechtsstaatlichkeit beim Bearbeiten der Asylanträge in Kauf genommen würden.
Cordts Vorgänger Frank-Jürgen Weise räumte eine "Überforderung" der Behörde ein. Diese sei durch die große Zahl an Flüchtlingen in sehr kurzer Zeit verursacht worden "und ein Bamf, das darauf in keiner Weise eingestellt war", erklärte Weise in einem Interview.
(P. Rasmussen--BTZ)