Italien: Präsident Matarella empfängt Kandidaten Conte zu Gespräch
Italiens Präsident Sergio Mattarella hat am Mittwochnachmittag erstmals den Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten, Giuseppe Conte, empfangen. Das Präsidialamt in Rom setzte das Treffen im Quirinalspalast an. Conte wurde von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der fremdenfeindlichen Lega-Partei nominiert. Zum Ministerpräsidenten kann der parteilose Jura-Professor aber nur gewählt werden, wenn der Präsident ihm den Regierungsauftrag erteilt.
Medienberichten zufolge hat Mattarella Vorbehalte gegen Conte, der noch nie ein politisches Amt bekleidet hat. Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio und der Lega-Vorsitzende Matteo Salvini hatten lange über die Besetzung des Ministerpräsidentenamts gestritten. Keiner der Parteichefs wollte das Amt dem anderen überlassen. Am Montag schlugen sie dem Präsidenten dann Conte als Kompromisskandidat vor. Conte sieht sich derzeit dem Vorwurf ausgesetzt, seinen Lebenslauf fingiert zu haben.
Berichten zufolge ist Mattarella auch besorgt, ob die geplante Populisten-Koalition die europäischen Verpflichtungen respektieren würde. Sollte Conte als Ministerpräsident bestätigt werden, stünde er an der Spitze einer Regierung aus systemkritischen und EU-skeptischen Parteien, deren politische Vorhaben zu massiven Konflikten mit der Europäischen Union führen könnten.
Am Mittwoch warnte die EU-Kommission die künftige italienische Regierung davor, über Ausgabenerhöhungen den Schuldenberg des Landes weiter zu erhöhen. Italien müsse eine "glaubwürdige Antwort" auf sein Schuldenproblem finden, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici in Brüssel.
Italien hat nach Griechenland den zweithöchsten Schuldenstand in der Eurozone. Die Gesamtverschuldung belief sich im vergangenen Jahr auf 131,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. In diesem Jahr erwartet Brüssel bisher eine Verringerung auf 130,7 Prozent, geht dabei aber noch von einer unveränderten Regierungspolitik in der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone aus.
Die Fünf-Sterne-Bewegung und Lega wollen die Sparpolitik beenden und planen Steuersenkungen sowie massive zusätzliche Sozialausgaben.
(D. Wassiljew--BTZ)