Richter und Staatsanwälte in Spanien landesweit in den Streik getreten
Mit einem landesweiten Streik haben Richter und Staatsanwälte in Spanien für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Unabhängigkeit von der Politik demonstriert. Nach Angaben der Organisatoren folgten am Dienstag 42 Prozent der Staatsanwälte und 51 Prozent der Richter dem gemeinsamen Streikaufruf von sieben Berufsverbänden. Sie forderten ein Ende politischer Einmischung, Neueinstellungen und eine bessere Ausstattung der Justiz.
Der Streikaufruf nahm keinen ausdrücklichen Bezug auf den Konflikt um die Unabhängigkeitsbewegung in der Region Katalonien. Kritiker bemängelten in den vergangenen Monaten aber, dass die Regierung die Justiz instrumentalisiert habe - etwa um das Unabhängigkeitsreferendum für illegal erklären oder katalanische Politiker in Haft nehmen zu lassen. "Die Bürger haben den Eindruck, dass die Justiz nicht so unabhängig ist, wie sie sein sollte", kritisierte der Sprecher des Verbands Richter für die Demokratie, Ignacio González Vega.
Die Streikorganisatoren bemängelten, dass das Justizwesen an der Grenze seiner Belastbarkeit angelangt sei. Der Ausstand solle die "tiefe Unzufriedenheit" der Justizmitarbeiter über die "Vernachlässigung" des Sektors durch die Regierung zum Ausdruck bringen, hieß es in dem gemeinsamen Streikaufruf.
Die Sprecherin des Verbands der Staatsanwälte, Montserrat García, beklagte eine "enorme Arbeitsbelastung". Das spanische Rechtswesen müsse durch mehr Investitionen und Neueinstellungen eine Qualität erreichen, "die wir heute leider nicht haben".
Als Reaktion auf den Streik wies Spaniens Justizminister Rafael Catalá auf geplante Ausgabenerhöhungen hin. Im Haushaltsentwurf für den nächsten Staatsetat seien Mittel für 300 neue Richter- und Staatsanwaltstellen vorgesehen, sagte er. Für die Modernisierung der EDV an Gerichten und Staatsanwaltschaften seien zudem 130 Millionen Euro eingeplant.
Das Verhältnis zwischen dem Minister und den Justizverbänden ist gespannt, seitdem Catalá im April die Entscheidung eines Richters in Pamplona kritisiert hatte. Der Minister hatte in einem Radiointerview die Kompetenz des Richters angezweifelt, nachdem dieser in einem Aufsehen erregenden Fall fünf Männer vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen hatte. Richterverbände warfen dem Minister daraufhin "Einmischung" vor.
(B. Semjonow--BTZ)