Rom: Neuer italienischer Regierungschef wird Jurist Giuseppe Conte
Der Rechtswissenschaftler und Anwalt Giuseppe Conte soll nach Informationen von BERLINER TAGESZEITUNG neuer Regierungschef Italiens werden. Die Vorsitzenden der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und der rechtsextremen Lega hätten sich auf Conte als gemeinsamen Kandidaten für das Amt verständigt. Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio und Lega-Chef Matteo Salvini sollten am Nachmittag Präsident Sergio Matarella ihre Kabinettsliste vorlegen. Namen nannten sie nicht.
Mit Blick auf den künftigen Ministerpräsidenten hatte Salvini lediglich klargestellt, dass weder er noch Fünf-Sterne-Chef Di Maio als Regierungschef kandidieren. Medienberichten zufolge ist Salvini als Innenminister vorgesehen, während Di Maio das Arbeitsressort oder das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung übernehmen könnte. Für das Ministerpräsidentenamt wurden in der italienischen Presse neben Conte noch der Wirtschaftswissenschaftler Andrea Roventini und Ex-Industrieminister Paolo Savona gehandelt. Laut Medien läuft es jedoch offenbar auf Conte hinaus.
Der 54-jährige Jurist wurde in der Gemeinde Volturara Appula in Apulien geboren. Conte lehrte an renommierten Universitäten im Ausland, darunter in Yale in den USA. In der politischen Öffentlichkeit ist er bislang jedoch nicht in Erscheinung getreten.
Die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega hatten am Freitag, zweieinhalb Monate nach der Parlamentswahl, ihr gemeinsames Regierungsprogramm vorgestellt. Über das Programm, das im hochverschuldeten Italien unter anderem Steuersenkungen und ein Grundeinkommen für alle vorsieht, ließen beide Parteien ihre Anhänger abstimmen. Die Anhänger der Fünf Sterne stimmten dem Programm nach Angaben der Bewegung vom Freitag mit 94 Prozent zu. 45.000 Menschen nahmen demnach an der Abstimmung teil. Die Lega ließ am Wochenende an landesweit tausend Straßenständen über das Programm abstimmen. Am Sonntagabend teilte die Partei mit, von 215.000 Teilnehmern hätten 91 Prozent dem Programm zugestimmt.
Am Montag wollen beide Parteien Staatschef Mattarella von der angestrebten Koalition überzeugen. Der Präsident muss die Nominierung des Regierungschefs absegnen, bevor dann das Parlament darüber abstimmen kann. Erst sollte Matarella Di Maio empfangen, dann Salvini.
Der 58 Seiten lange "Vertrag für eine Regierung des Wandels" sieht unter anderem eine vollständige Abkehr vom Sparkurs der Vorgängerregierung vor. In der EU besteht die Sorge, dass eine neue Regierung aus Populisten und Rechtsextremen sich über die Stabilitäts- und Schuldenregeln in der EU einfach hinwegsetzen könnte.
Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte am Sonntag dem Sender Europe 1 und anderen Medien: "Wenn die neue Regierung es riskiert, ihre Verpflichtungen zu Schulden und Defizit nicht einzuhalten, aber auch die Sanierung der Banken, wird die gesamte finanzielle Stabilität der Eurozone bedroht sein." Jeder in Italien müsse verstehen, dass Italiens Zukunft in Europa sei, dass dazu aber Regeln eingehalten werden müssten.
Lega-Chef Salvini bezeichnete Le Maires Äußerungen als "inakzeptabel". "Ein französischer Minister warnt die künftige Regierung: Ändern Sie nichts oder es wird Probleme geben", schrieb Salvini im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Ich habe nicht um Stimmen und Vertrauen gebeten, um den Weg der Armut, der Unsicherheit und der Einwanderung fortzusetzen: die Italiener zuerst!", fügte er hinzu. "Die Franzosen sollen sich um Frankreich kümmern und ihre Nase nicht in die Angelegenheiten anderer stecken", sagte Salvini später vor Journalisten.
(O. Karlsson--BTZ)