Fünf-Sterne-Bewegung und Lega starten letzte Gespräche zur Regierungsbildung
In Italien hat die voraussichtlich letzte Runde der Gespräche über eine Koalitionsregierung aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und der rassistischen Lega begonnen. Der M5S-Vorsitzende Luigi Di Maio und Lega-Chef Matteo Salvini kamen am Donnerstagmorgen in Rom zusammen. Sie hatten bereits am Mittwochabend über die verbliebenen Streitfragen gesprochen.
In Videobotschaften erklärten beide, dass sie ihr Regierungsprogramm sowie die Zusammensetzung des Kabinetts den Mitgliedern ihrer Parteien zur Abstimmung vorlegen würden. Die M5S will darüber im Internet abstimmen lassen, die Lega plant eine Befragung der Mitglieder vor Ort am Wochenende. Salvini sprach in seinem Video von "Fortschritten" bei den Koalitionsgesprächen und zeigte sich zuversichtlich, dass am Donnerstag eine Einigung auf eine Regierung zustande komme. Er verwies zugleich auf die Regierungsverhandlungen in Deutschland, die rund sechs Monate gedauert haben. In Italien war am 4. März ein neues Parlament gewählt worden.
Beide Parteichefs äußerten sich bislang nicht dazu, wer die Koalitionsregierung anführen soll. Die zwei Parteien lehnen einen Regierungschef aus der jeweils anderen Partei ab. Di Maio hatte vorgeschlagen, dass beide Parteien zusammen eine "politische Persönlichkeit" auswählen würden.
In den vergangenen Tagen waren einige Details aus einem Entwurf für das gemeinsame Regierungsprogramm durchgesickert. Nach einem Entwurf vom Montag wollte die künftige Regierung aus dem Euro austreten, außerdem wurde eine Streichung der 250 Milliarden Euro Schulden angestrebt, die Italien bei der Europäischen Zentralbank (EZB) hat.
Obwohl Parteivertreter den Entwurf als "überholt" bezeichneten, lösten die Nachrichten Nervosität an den Finanzmärkten aus. Die Kurse an der Mailänder Börse stürzten am Mittwoch um 2,3 Prozent ab. Der Abstand zwischen den Zinsen auf zehnjährige italienische und deutsche Staatsanleihen, der sogenannte Spread, stieg um 20 Punkte auf 151 Punkte. Am Donnerstag öffnete die Mailänder Börse mit einem leichten Plus von 0,3 Prozent, der Spread ging um vier auf 147 Punkte zurück.
In einer neueren Version des Koalitonsprogramms, welche BERLINER TAGESZEITUNG aktuell vorlag, ist vom Ausstieg aus der europäischen Gemeinschaftswährung nicht mehr die Rede. Allerdings wird gefordert, dass "bestimmte Verantwortlichkeiten" an die EU-Mitgliedstaaten zurückgehen.
Bei der Parlamentswahl waren die regierenden Sozialisten abgewählt worden. Di Maios M5S wurde mit 32,7 Prozent der Stimmen stärkste Einzelgruppierung. Salvinis Lega wurde mit 17,3 Prozent stärkste Kraft innerhalb des rechten Wahlbündnisses zusammen mit Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi und den neofaschistischen Fratelli dItalia, das auf 37 Prozent kam. Die M5S hatte eine Regierung zusammen mit der Forza Italia abgelehnt.
(L. Pchartschoy--BTZ)