Begnadigung: Malaysischer Oppositioneller Anwar aus Haft entlassen
Nach dem Machtwechsel in Malaysia ist der prominente Oppositionspolitiker Anwar Ibrahim am Mittwoch aus der Haft entlassen worden. Der 71-Jährige bereitet eine Rückkehr in die Politik vor, er gilt als Anwärter auf den Posten des Ministerpräsidenten. Malaysias neuer Regierungschef Mahatir Mohamad hatte sich für Anwars Freilassung stark gemacht, er will ihn als seinen Nachfolger aufbauen. König Sultan Muhammad V. gab der Bitte um Begnadigung statt.
Anwar äußerte sich nach seiner Freilassung zunächst nicht. Aus einem Krankenhaus, wo er wegen eines Schulterleidens behandelt worden war, begab er sich zu einer Audienz beim König. Für den Nachmittag (Ortszeit) wurde eine öffentliche Ansprache Anwars erwartet, am Abend sollte es eine Kundgebung mit Anhängern geben.
Anwars Freilassung stellt eine spektakuläre Wende in seiner wechselvollen Karriere als Politiker dar. Seit den 1990-er Jahren war er immer wieder in Haft. Der Vorwurf lautete auf Homosexualität, die in dem mehrheitlich muslimischen Malaysia verboten ist. Anwar und seine Anhänger sahen in diesem Vorwurf allerdings einen Vorwand, um ihn als Politiker zu diskreditieren.
Mahathir war vergangene Woche vereidigt worden, mit 92 Jahren ist er der älteste Ministerpräsident der Welt. Er hatte angekündigt, sein Amt nach einer Übergangsphase von bis zu zwei Jahren an Anwar abzugeben. Beide Männer hatten bereits in den 1990-er Jahren ein enges politisches Verhältnis, ehe sie zu Feinden wurden. Anwar war damals Stellvertreter von Mahatir, als dieser schon einmal das Amt des Ministerpräsidenten ausübte. Nach eine Zerwürfnis endete Anwars politische Karriere, er kam ins Gefängnis und wurde zum erbitterten Gegner Mahatirs.
Mahatir gelang bei der Parlamentswahl in diesem Monat ein großes Comeback. Er besiegte Ministerpräsident Najib Razak und beendete damit die Herrschaft des Regierungsbündnisses Barisan Nasional (BN), das in Malaysia seit der Unabhängigkeit 1957 an der Macht war. Mahatir hatte diesem Bündnis früher selbst angehört. Mit der Begnadigung durch den König kann Anwar nun sofort wieder in das politische Geschäft einsteigen. Ein Regierungsamt kann er zunähst aber nicht übernehmen - dafür müsste er Mitglied des Parlaments sein. Sein Parlamentssitz war ihm 2015 wegen einer erneuten Verurteilung für angebliche Homosexualität aberkannt worden.
(O. Karlsson--BTZ)