Mehr als 50 Tote am Tag der Einweihung der US-Botschaft in Jerusalem
Feierstimmung in der neuen US-Botschaft in Jerusalem - mehr als 50 Tote im Gazastreifen. Die offizielle Einweihung der US-Botschaft in Jerusalem ist am Montag von Massenprotesten im Gazastreifen begleitet worden, bei denen Dutzende Palästinenser von israelischen Soldaten getötet und mindestens 2400 weitere Menschen verletzt wurden. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas warf Israel ein "Massaker" vor. Die internationale Gemeinschaft reagierte mit großer Sorge und mahnte zu Zurückhaltung.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu dankte US-Präsident Donald Trump bei der Eröffnungszeremonie: "Präsident Trump, mit der Anerkennung der Geschichte haben Sie Geschichte geschrieben", wandte Netanjahu sich an den US-Präsidenten, der nicht persönlich an der Zeremonie teilnahm. Zugleich bekräftigte Netanjahu Israels Anspruch auf Jerusalem als seine Hauptstadt: "Wir sind in Jerusalem und wir sind hier um zu bleiben."
Trump betonte in einer Videobotschaft, wie "jede andere souveräne Nation" dürfe Israel selbst über seine Hauptstadt entscheiden. Zugleich versicherte er, ein Friedensschluss im Nahen Osten sei seine "größte Hoffnung".
Die Botschaftseröffnung fand am gleichen Tag statt, an dem Israel sein 70-jähriges Bestehen feierte, wie US-Botschafter David Friedman in seiner Rede hervorhob. In Anwesenheit von 800 Gästen enthüllte US-Finanzminister Steven Mnuchin eine Tafel und ein Siegel an dem bisherigen Konsulatsgebäude. Auch Trumps Tochter und Beraterin Ivanka Trump und deren Mann Jared Kushner nahmen an der Zeremonie teil.
Doch der Tag der Botschaftseinweihung wurde auch zum blutigsten Tag im Nahost-Konflikt seit Jahren. Seit dem Gazakrieg im Jahr 2014 wurden nicht mehr so viele Menschen an einem Tag getötet. Laut dem palästinensischen UN-Botschafter in New York, Rijad Mansur, waren mindestens acht Kinder unter 16 Jahren unter den Toten. Palästinenserpräsident Abbas ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.
Für die Palästinenser ist die Botschaftsverlegung ein Affront. Nach Angaben der israelischen Armee beteiligten sich am Nachmittag 40.000 Palästinenser in 13 Orten entlang der Grenze zu Israel an den Protesten. Demonstranten hätten die Soldaten unter anderem mit Brandbomben angegriffen.
Die israelische Luftwaffe flog als Reaktion "auf die gewaltsamen Aktionen der Hamas in den vergangenen Stunden" einen Angriff auf ein militärisches Ausbildungslager der Hamas im Norden des Gazastreifens, wie die Armee mitteilte. Zuvor seien bereits zwei weitere "Militärposten" der Hamas beschossen worden.
Netanjahu begründete das harte Vorgehen der Armee auf Twitter mit der "Pflicht Israels zur Verteidigung seiner Grenzen". Er kündigte an, weiter "entschieden" gegen mutmaßliche Angriffe der Hamas vorzugehen.
Amnesty International kritisierte "eine schändliche Verletzung des internationalen Rechts und der Menschenrechte im Gazastreifen", die "sofort" aufhören müsse.
Die Bundesregierung reagierte "bestürzt und mit tiefer Sorge" auf die blutigen Zusammenstöße. "Alle müssen sich nun dafür einsetzen, dass es nicht zu einer noch schlimmeren Zuspitzung der Lage kommt", appellierte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres zeigte sich "sehr beunruhigt". Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini rief alle Seiten "zu äußerster Zurückhaltung" auf. Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian warnte in Paris vor einem "neuen Flächenbrand" im Nahen Osten.
Die Arabische Liga will am Mittwoch zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. Ihr Vize-Generalsekretär Sajed Abu Ali sagte, dabei sollten "Wege" erörtert werden, wie mit der "illegalen Entscheidung der USA" umzugehen sei.
Trump hatte am 6. Dezember mit seiner Ankündigung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, wütende Proteste der Palästinenser ausgelöst. Dabei wurden seit Ende März mehr als hundert Palästinenser getötet.
Der endgültige Status Jerusalems ist einer der größten Streitpunkte im Nahost-Konflikt. Die Palästinenser beanspruchen den 1967 von Israel besetzten und 1980 annektierten Ostteil Jerusalems als künftige Hauptstadt des von ihnen angestrebten eigenen Staates.
(O. Karlsson--BTZ)