Berlin und Paris machen im Streit um Polens Justizreformen gemeinsam Druck
Deutschland und Frankreich haben gemeinsam Druck auf Polen gemacht, im Streit mit der EU um Justizreformen Zugeständnisse zu machen. Deutschland und Frankreich erwarteten "schnell die Verabschiedung" von Maßnahmen, die den Bedenken der EU-Kommission Rechnung trügen, erklärte die französische Europaministerin Nathalie Loiseau am Montag für beide Länder in Brüssel. Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans warnte, der Dialog mit Warschau könne "nicht endlos fortgeführt werden".
Die Kommission geht seit Anfang 2016 gegen mehrere Justizreformen der nationalkonservativen Regierung in Warschau vor. Sie wirft ihr vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu beschneiden und die Gewaltenteilung zu untergraben. Im Dezember leitete Brüssel ein bisher beispielloses Strafverfahren ein, das bis zum Entzug von Stimmrechten auf EU-Ebene führen kann.
Es gebe zwar "Fortschritte", seine Behörde habe aber weiter "Bedenken" wegen der Rechtsstaatlichkeit und der Gewaltenteilung in dem Mitgliedstaat, sagte Timmermans beim Treffen der Europaminister in Brüssel. Er sehe derzeit keine Möglichkeit, das Verfahren gegen Warschau nach Artikel 7 EU-Vertrag zu beenden.
Deutschlands Staatsminister Michael Roth (SPD) sagte, er sehe "Fortschritte in der Rhetorik auf der polnischen Seite". Nötig seien jetzt aber auch "in der Substanz Fortschritte". Diese gebe es bisher nicht. In ihrer gemeinsamen Erklärung verwiesen Roth und Loiseau darauf, dass die ursprüngliche Frist für eine Einigung bereits "deutlich überschritten" wurde.
Polens Außenminister Jacek Czaputowicz ging davon aus, dass die EU-Kommission noch Zeit brauche, um die Reformen zu bewerten. Sein Land sei bereit, weitere Erklärungen dazu zu liefern, sagte er laut der polnischen Nachrichtenagentur PAP in Kattowitz. Er sah demnach den weiteren Gesprächen mit der Kommission "optimistisch" entgegen.
Die polnische Agentur berichtete unter Berufung auf Diplomaten, Timmermans habe als Schlüsseldatum für den Dialog mit Polen den 3. Juli genannt. Denn dann müssten bestimmte Richter aufgrund der Reformen in Rente gehen.
Über die Verschärfung des Verfahrens gegen Polen müssten die anderen EU-Mitgliedstaaten abstimmen. Für Sanktionen wie den Stimmrechtsentzug wäre letztlich ein einstimmiger Beschluss nötig. Die ungarische Regierung hat der polnischen Regierung bereits zugesichert, im Falle einer solchen Abstimmung ihr Veto einzulegen.
(O. Petrow--BTZ)