Bundesregierung reagiert zurückhaltend auf Ultimatum aus Teheran
Die Bundesregierung hat zurückhaltend auf ein Ultimatum aus Teheran reagiert, wonach die EU dem Iran binnen 60 Tagen Garantien für den Erhalt des Atomabkommens geben soll. Es werde darüber zu reden sein, "ob wir mit solchen Terminangaben und mit solchen Fristen wirklich weiterkommen", sagte Außenstaatsminister Michael Roth (SPD) aktuell in Brüssel. Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif bekräftige indes bei einem Besuch in Moskau die Forderung nach "Zusicherungen" durch die verbleibenden Vertragspartner.
Teheran hatte den Europäern "zwischen 45 und 60 Tage Zeit" für Garantien gegeben, "um die iranischen Interessen zu wahren und die durch den US-Ausstieg verursachten Schäden zu kompensieren". Dies bezieht sich offenbar auf die gleichzeitig von US-Donald Trump verkündete Wiedereinführung von Wirtschaftssanktionen gegen Iran.
Staatsminister Roth signalisierte die Bereitschaft der Europäer, "stärker wirtschaftliche Verantwortung in Iran zu übernehmen", wenn sich Teheran weiter an das Abkommen halte, das über internationale Kontrollen den Bau von Atomwaffen durch Teheran verhindern soll. Er verwies aber gleichzeitig darauf, dass von den US-Sanktionen gegen Iran auch europäische Unternehmen getroffen werden könnten. Dies zeige, "wie schwierig die Gefechtslage ist", sagte Roth.
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte in Berlin, die Regierung habe die Äußerungen des Iran "wahrgenommen". Am Dienstag werde man "genau erfahren, ob und wieweit der Iran einen Zeithorizont in seiner Vorstellung" habe. Sie warnte davor, "mit konkreten Fristen im Moment zu hantieren".
FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff sagte in einem TV-Interview, die vom Iran gesetzte Frist sei "schon ganz realistisch". Die verbliebenen Vertragspartner sollten "den Kern des Abkommens", die Inspektion der iranischen Nuklearanlagen, erhalten. Lambsdorff kritisierte, dass die Bundesregierung "kein Konzept" habe, wie man die deutsche Wirtschaft vor den Sanktionen aus Washington schützen könne.
Teherans Außenminister Sarif besucht derzeit als Teil einer diplomatischen Offensive des Iran alle verbliebenen Vertragspartner des Atomabkommens von 2015. Am Dienstag wird der iranische Außenminister in Brüssel zu einem Treffen mit den Außenministern der drei europäischen Unterzeichnerstaaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien erwartet. Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini nimmt teil. Am Sonntag hatte Sarif bereits seinen chinesischen Amtskollegen Wang Yi in Peking getroffen.
Ziel seiner derzeitigen Reise sei es, "Zusicherungen" zu erlangen, "dass die Interessen der iranischen Nation verteidigt werden", sagte Sarif in Moskau. Lawrow habe ihm versprochen, das Abkommen "zu verteidigen und einzuhalten". Russlands Außenminister erklärte, Moskau und Europa müssten "gemeinsam ihre rechtmäßigen Interessen" bezüglich des Atomabkommens verteidigen.
US-Präsident Donald Trump hatte am vergangenen Dienstag den Ausstieg seines Landes aus dem Atomabkommen verkündet, das die fünf UN-Vetomächte und Deutschland 2015 nach jahrelangen Verhandlungen mit dem Iran geschlossen hatten. Trump leitete zugleich die Rückkehr zu Sanktionen gegen den Iran ein.
Kanadas Premierminister Justin Trudeau erklärte nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, auch Kanada werde versuchen, die Vereinbarung zu retten. "Wir werden weiter mit allen unseren internationalen Verbündeten zusammenarbeiten und versuchen, sicherzustellen, dass das Abkommen weiter angewendet wird", sagte Trudeau.
(F. Dumont--BTZ)