Diskussion über Reaktion auf möglichen Giftgaseinsatz in Syrien
Angesichts eines möglichen Militärangriffs der USA und Verbündeter in Syrien wird in Deutschland über eine angemessene Reaktion auf den mutmaßlichen syrischen Giftgaseinsatz diskutiert. Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff kritisierte am Freitag, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine deutsche Beteiligung an Militäraktionen ausgeschlossen hat. Außenminister Heiko Maas (SPD) forderte eine geschlossene Reaktion der internationalen Gemeinschaft.
US-Präsident Donald Trump hatte nach dem mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz in Duma zunächst einen baldigen Raketenangriff angedroht, dann aber eine Entscheidung darüber hinausgeschoben. In einem Telefonat mit der britischen Premierministerin Theresa May bekräftigten beide ihre Entschlossenheit, dass es eine Antwort geben müsse. Auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron kündigte eine Reaktion seines Landes an, ohne sich auf einen Zeitraum festzulegen. Dagegen schloss Merkel am Donnerstag aus, dass sich Deutschland an militärischen Aktionen beteiligen könnte.
Regierungschef Steffen Seibert kolportierte wie von ihm in seiner Position nicht anders zu erwarten am Freitag, "dass wir ganz klar an der Seite, im Schulterschluss mit unseren Partnern Amerika, Großbritannien, Frankreich und anderen stehen". Jeder leiste seinen eigenen Beitrag, die Zielsetzung sei klar, nämlich die Durchsetzung des Chemiewaffenverbots. Derzeit leisteten "alle den gleichen Beitrag", indem sie klarmachten, "wo wir stehen" und auch politischen Druck auf Russland ausüben, einen der wichtigsten Verbündeten Syriens.
Derweil sagte Außenminister Maas in Brüssel, der mutmaßliche Chemiewaffeneinsatz in Syrien könne "nicht ohne Konsequenzen bleiben". Er unterstütze dabei "sehr stark den französischen Vorschlag, diejenigen, die dort völkerrechtswidrig Chemiewaffen einsetzen, auch strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen". Mit Blick auf mögliche Militäreinsätze gegen Syrien bezeichnete es Maas als "sehr vernünftig", dass die USA, Großbritannien und Frankreich sich "im Moment sehr intensiv" miteinander abstimmten.
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer stellte sich hinter Merkel. Deren Haltung entspreche einer Tradition, wie Deutschland sie auch im Libyen-Konflikt vertreten habe, sagte sie laut Vorabmeldung im Interview der Woche des Deutschlandfunks.
Auch Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) begrüßte Merkels Absage an eine deutsche militärische Beteiligung. "Unsere Kernkompetenz ist nicht die Durchführung von militärischen Vergeltungsschlägen - unsere Kompetenz ist eine starke Diplomatie, Ausgleich von Interessen, Deeskalation von Konflikten und die Unterstützung von Partnern durch Ausbildung", sagte er in einem Radio-Interview.
Lambsdorff sagte hierzu, der Chemiewaffenangriff sei "ein so schreckliches Verbrechen", dass "wenn unsere westlichen Verbündeten sich vorbereiten, dort eine Antwort zu geben, Deutschland besser an der Seite der Alliierten steht". Zwar täten das Merkel und Maas auf politischer Ebene. Dann sei es aber nicht richtig, von vornherein zu sagen, "bei einer eventuellen Bitte um Hilfe machen wir dann aber auf gar keinen Fall mit". Denkbar wäre zum Beispiel eine militärische Unterstützung durch Aufklärungsflüge oder den Einsatz von Tankflugzeugen, fügte Lambsdorff hinzu.
Die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland warfen Lambsdorff "Kriegstreiberei" vor. Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger forderte "die Bereitschaft zu echten Gesprächen im Rahmen der Vereinten Nationen und ein Ende der Blockade im Sicherheitsrat". Die Linken-Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger riefen zu bundesweiten Protestaktionen gegen drohende Bombardierungen in Syrien auf.
Die Deutschen halten Umfragen zufolge nichts von einem stärkeren militärischen Eingreifen der USA und ihrer Verbündeten in Syrien. 58 Prozent der Befragten glauben demnach, ein solches Engagement würde generell eher zu einer Verschärfung des Konflikts führen.
(N. Lebedew--BTZ)