Seehofers Entwurf zum Familiennachzug stößt in der "GroKo" auf Skepsis
Der Gesetzentwurf von Innenminister Horst Seehofer (CSU) zum Familiennachzug stößt bei den Koalitionsfraktionen auf Skepsis. Bei der Entscheidung, wer nach Deutschland kommen könne, dürfe die Integrationsleistung nicht nur ein Gesichtspunkt unter vielen sein, monierte Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth (CDU) nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG. Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka rief Seehofer auf, keine Vorschläge zu machen, die über den Koalitionsvertrag hinausgehen.
BTZ-Informationen zufolge will Seehofer den Familiennachzug bei Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutz an strenge Kriterien knüpfen. So soll etwa Empfängern von Sozialleistungen wie Hartz IV das Nachholen enger Angehöriger verwehrt werden können. Harbarth sagte hierzu: "Wir wollen den Familiennachzug vor allem als Integrationsanreiz ausgestalten." Wer sich anstrenge "und fleißig ist, wer Deutsch lernt und seinen Lebensunterhalt durch Arbeit sichert, muss beim Nachzug seiner Familien deutlich besser gestellt werden als der, der das nicht tut".
Lischka sagte gegenüber Medienvertretern, es dürften nicht weitere Gruppen vom Familiennachzug ausgeschlossen werden. "Ausschlaggebend für einen Nachzug sollten humanitäre Gründe sein, nicht der Geldbeutel der betroffenen Familien."
Der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt, Aziz Bozkurt, sagte, das Gesetz sei so "mit der SPD nicht zu machen". Auch bei der Opposition stießen Seehofers Pläne auf Kritik. Dessen Kriterien seien "ein erneuter Bruch mit der UN-Kinderrechtskonvention", sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Wenn das Ringen der SPD um eine humane Flüchtlingspolitik ernst gemeint gewesen sei, brauche es ein unverzügliches Veto der Sozialdemokraten.
FDP-Chef Christian Lindner lobte zwar grundsätzlich die geplante Begrenzung des Familiennachzugs. "Ich begrüße eine restriktive Handhabung des Familiennachzugs", sagte Lindner von seiner Seite dazu. Die Zahl 1000 sei aber eine "willkürliche Setzung, die ausdrücklich nicht in jedem Monat erreicht werden sollte". Seehofers Entwurf fehle außerdem eine positive Komponente, "die Integrationsleistung anreizt und honoriert".
Der Familiennachzug ist für Flüchtlinge mit dem eingeschränkten subsidiären Schutz seit zwei Jahren ausgesetzt. Er soll ab August für monatlich 1000 Angehörige sowie Härtefälle wieder ermöglicht werden, wie Union und SPD vereinbart hatten. Bundesrat und Bundestag haben einem entsprechenden Gesetz bereits zugestimmt.
Nach welchen Kriterien diese maximal 1000 Menschen ausgewählt werden, soll das jetzige Gesetz Seehofers regeln. BTZ-Informationen zufolge sollen lediglich Ehepartner, Eltern minderjähriger Kinder und minderjährige unverheiratete Flüchtlinge nachzugsberechtigt sein. Ausgenommen vom Nachzug sollen auch Menschen bleiben, deren Ehen nicht im Herkunftsland geschlossen wurden. Vorgesehen ist demnach zudem die Möglichkeit, "den Nachzug von Familienangehörigen zu zurückgekehrten Dschihadreisenden, terroristischen Gefährdern, Hasspredigern und Leitern verbotener Vereine zu versagen".
Dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD zufolge soll künftig pro Jahr eine Obergrenze zwischen 180.000 und 220.000 Zuwanderern gelten. "In dieser Spanne soll auch der Familiennachzug berücksichtigt werden", heißt es dem Bericht zufolge im Gesetzentwurf. Derzeit läuft die Abstimmung zwischen den Ministerien der Bundesregierung. Danach soll der Entwurf vom Bundeskabinett beschlossen werden.
(B. Semjonow--BTZ)