Der Fall Puigdemont beschäftigt weiterhin die bundesdeutsche Politik
Der Fall des katalanischen Ex-Regionalpräsidenten Carles Puigdemont beschäftigt weiter die deutsche Politik. Der Linken-Politiker Gregor Gysi forderte die Bundesregierung auf, die Auslieferung Puigdemonts nach Spanien zu verhindern. Der Katalonien-Konflikt könne nur politisch und nicht über Inhaftierungen und Verurteilungen gelöst werden, sagte Gysi nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG vom Mittwoch. FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff dagegen warnte vor einem Veto der Bundesregierung.
"Es bleibt zu hoffen, dass Deutschland nicht gewillt ist, zum Gehilfen der spanischen Regierung bei der Inhaftierung von Katalanen zu werden und Verantwortung für eine weitere gewaltsame Zuspitzung des Konflikts mit zu übernehmen und selbst Bestandteil dieses Konflikts zu werden", sagte Gysi, der Vorsitzender der Europäischen Linken ist.
Puigdemont war am 25. März kurz nach dem Grenzübertritt aus Dänemark von der deutschen Polizei festgenommen worden. Grundlage für die Festnahme war ein von einem Gericht in Madrid erneuerter europäischer Haftbefehl. Seitdem befindet sich Puigdemont in der Justizvollzugsanstalt in Neumünster in Gewahrsam. Am Dienstag beantragte die Generalstaatsanwaltschaft von Schleswig-Holstein einen Auslieferungshaftbefehl, da ein zulässiges Auslieferungsersuchen vorliege. Nun muss das Oberlandesgericht in Schleswig den Auslieferungshaftbefehl prüfen.
Der FDP-Politiker Lambsdorff warnte die Bundesregierung davor, sich mit einem Veto gegen die Auslieferung einzumischen. "Das wäre eine direkte Konfrontation mit einem ganz besonders eng befreundeten Land, einem Freund und Partner", sagte er nach BTZ-Information. Ein Veto wäre seiner Ansicht nach "eine ganz schlechte Option, noch schlechter als eine Auslieferung".
Auch erinnerte Lambdsdorff an die Gewaltenteilung in Deutschland. "Bei aller politischen Aufregung muss Justizia blind sein, also ohne Ansehen der Person die Rechte des Beschuldigten zu jedem Zeitpunkt wahren", sagte er.
BTZ-Informationen zufolge will die Bundesregierung kein Veto gegen eine mögliche Auslieferung einlegen. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, es sei die Überzeugung der Bundesregierung, dass der Katalonien-Konflikt innerhalb der spanischen Rechts- und Verfassungsordnung gelöst werden müsse. Uneinigkeit herrscht vor allem über die Frage nach der Rolle der EU in dem Konflikt. Eine Vermittlerrolle könne nur dann in Betracht gezogen werden, wenn beide Seiten damit einverstanden seien, sagte der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss. "Dieses Signal gab es bisher nicht", betonte Voss in einem Radio-Interview. Von daher handele es sich um eine innerspanische Angelegenheit.
Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber rief die EU dagegen zur Vermittlung auf. Er forderte in einem Interview vom Mittwoch: "Die EU sollte ihre passive Rolle aufgeben und auf den innerspanischen Konflikt zwischen Madrid und Barcelona zumindest beratend einwirken." Die Festnahme des katalanischen Politikers war die jüngste Wendung im Konflikt um eine Abspaltung Kataloniens, der nach einer von der spanischen Justiz als rechtswidrig eingestuften Volksabstimmung und der einseitigen Verkündung der Unabhängigkeit im Oktober eskaliert war. Puigdemont wurde als Regionalpräsident abgesetzt und floh nach Belgien, um seiner Festnahme in Spanien zu entgehen.
Madrid wirft dem Politiker Rebellion sowie die Veruntreuung von öffentlichen Geldern für das Referendum vor. Auf "Rebellion" stehen in Spanien bis zu 30 Jahre Gefängnis. In der bundesdeutschen Bevölkerung ist die Mehrheit für eine Freilassung von Puigdemont, welchen sie für einen politisch Verfolgten hält.
Die Bundesregierung stellt sich unterdessen im Fall des in Deutschland festgenommenen Ex-Regionalpräsidenten von Katalonien, Carles Puigdemont, hinter das Vorgehen der spanischen Regierung. "Spanien ist ein demokratischer Rechtsstaat", kolportierte Regierungssprecher Steffen Seibert - dazu kürzlich öffentlich."
Das die politischen Stellen der Bundesrepublik Deutschland, vor einer juristischen Entscheidung eine derart deutliche Position beziehen, hat ein sehr unschön riechendes Geschmäckle und dürfte die Grenzen der politischen Einflussnahme auf die Justiz klar überschritten haben", resümieren hierzu hinter vorgehaltener Hand, völlig geschockt Rechtsanwälte in Deutschland. "Hier wäre es dringend geboten gewesen - der Justiz das erste Wort zu überlassen, dies wurde im politischen Berlin, im Größenwahn der eigenen Machtfülle - gänzlich vergessen", sagen Bürger aktuell in Neumünster vor der Haftanstalt wo Puigdemont derzeit eingesperrt ist, gegenüber BERLINER TAGESZEITUNG.
(D. Fjodorow--BTZ)