Präsident Putin und Präsident Erdogan rücken enger zusammen
Russland und die Türkei rücken enger zusammen: Zum Auftakt seines zweitägigen Besuchs in Ankara kündigte der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag eine schnellere Lieferung des Raketenabwehrsystems S-400 an die Türkei an. Zuvor hatte Putin zusammen mit Präsident Recep Tayyip Erdogan den Startschuss zum Bau des ersten Atomkraftwerks in der Türkei gegeben. Bei dem Treffen der beiden Staatschefs dürfte zudem der Bürgerkrieg in Syrien ein beherrschendes Thema gewesen sein.
Putin sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdogan, er habe mit dem türkischen Präsidenten über die Umsetzung des Liefervertrags für die russischen S-400 beraten und die Beschleunigung vereinbart. Erdogan verteidigte das Waffengeschäft vom vergangenen Jahr erneut gegen die Kritik von Nato-Partnern der Türkei. Die Entscheidung darüber sei der Türkei vorbehalten, sagte Erdogan. Die Angelegenheit sei nun abgeschlossen.
In der Nato waren Besorgnis wegen der türkischen strategischen Ausrichtung sowie Zweifel geäußert worden, ob die russischen Systeme mit den Standards des westlichen Verteidigungsbündnisses kompatibel seien.
Zum Auftakt seines zweitägigen Besuchs hatten Putin und Erdogan gemeinsam die Bauarbeiten für das Atomkraftwerk Akkuyu in der südlichen Provinz Mersin eröffnet. "Wir sind Zeuge eines wahrhaft historischen Augenblicks", sagte Erdogan in einer Rede, die per Video von Ankara aus direkt zur Baustelle übertragen wurde. Das Atomkraftwerk solle zur "Energiesicherheit" der Türkei ebenso beitragen wie zum "Kampf gegen den Klimawandel".
Putin hob die Dimension des Projekts hervor. Das Atomkraftwerk sei eine neue Etappe für die wirtschaftliche Entwicklung der Türkei. Das Atomkraftwerk soll in Zukunft zehn Prozent des Strombedarfs des Landes decken. Die Anlage wird vom staatlichen russischen Konzern Rosatom errichtet und soll bis 2026 fertiggestellt werden. Die Kosten werden auf 20 Milliarden Dollar (16 Milliarden Euro) veranschlagt.
Bei dem Besuch Putins in Ankara handelt es sich um die erste Auslandsreise des russischen Präsidenten nach seiner Wiederwahl am 18. März. Im vergangenen Jahr hatten sich Putin und Erdogan acht Mal persönlich getroffen.
Im Anschluss an die Eröffnung der Baustelle zogen sich Putin und Erdogan zu Gesprächen mit einem Schwerpunkt auf dem Konflikt in Syrien zurück. Am Mittwoch will der iranische Staatschef Hassan Rohani zu den Gesprächen dazustoßen.
Russland und die Türkei stehen im Syrien-Krieg auf unterschiedlichen Seiten: Ankara unterstützt Rebellen, Moskau steht ebenso wie Teheran hinter dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad. Zuletzt näherten sich die Türkei und Russland aber deutlich an. "Wir arbeiten eng mit Russland zusammen, um den Terrorismus und die Kämpfe in Syrien schnell zu beenden", sagte Erdogan. Er wolle die Kooperation mit Russland "fortsetzen und weiter ausbauen, jeden Tag".
Zusammen mit dem Iran hatten die Türkei und Russland vergangenes Jahr Verhandlungen zur Beendigung des Syrien-Konflikts im kasachischen Astana initiiert. Der Einfluss der drei Länder in Syrien könnte demnächst weiter wachsen, nachdem US-Präsident Donald Trump am Donnerstag in einer Rede ein baldiges Ende des Syrien-Einsatzes der US-Armee angekündigt hatte.
Am Dienstag erneuerte Trump seine Ankündigung und stellte eine "sehr schnelle" Entscheidung über den Abzug in Aussicht. Die Hauptmission der USA - der Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat - sei "fast beendet", sagte Trump in Washington. "Ich will unsere Truppen zurück nach Hause bringen."
Ankara beteiligte sich auch nicht an der Ausweisung russischer Diplomaten aus mehr als 20 Ländern als Reaktion auf den Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal in Großbritannien. Erdogan hatte verkündet, er werde nicht auf der Grundlage von "Unterstellungen" gegen Moskau vorgehen. Zudem sind Russland und die Türkei durch Waffengeschäfte und den Bau der Gaspipeline Turkstream im Schwarzen Meer verbunden.
(N. Lebedew--BTZ)