Keine rasche Annäherung in Länder-Tarifrunde zu erwarten
In der Tarifrunde für die mehr als 800.000 Angestellten der Bundesländer ohne Hessen zeichnet sich keine schnelle Einigung ab. Der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft deutscher Länder TdL, Reinhold Hilbers, sagte am Samstag zum Auftakt der dritten Tarifrunde in Potsdam, zwar spürten die Arbeitgeber die auf ihnen lastende Verantwortung, es werde aber "keine Einigung um jeden Preis" geben. Die TdL unterbreitete bisher kein Tarifangebot.
Die Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Beamtenbund dbb fordern fünf Prozent mehr Geld, monatlich jedoch mindestens 150, für Beschäftigte im Gesundheitswesen monatlich mindestens 300 Euro mehr. Verhandelt wird im Kern für mehr als 800.000 Länder-Angestellte. Ein Tarifabschluss würde sich mittelbar etwa auch auf Beamte und Pensionäre und damit insgesamt mehr als drei Millionen Menschen auswirken. Die beiden vorangegangenen Tarifrunden waren ergebnislos geblieben.
"Wir erwarten, dass es gleich zu Beginn dieser Verhandlungen ein Angebot gibt, das auch die Chance ermöglicht, an diesem Wochenende zum Ergebnis zu kommen", betonte Verdi-Bundeschef Frank Werneke am Samstagnachmittag in Potsdam. Es gebe von Monat zu Monat deutlich steigende Preise. Im November werde die Preissteigerungsrate vermutlich sogar über fünf Prozent liegen. Die Lohnforderung der Gewerkschaften sei deshalb "absolut realistisch, das ist nicht zu hoch".
Wenn die Länder die Tarifforderung unter Hinweis auf die Schuldenbremse zurückweisen, ließen sich die Gewerkschaften dafür nicht in Haftung nehmen, sagte Werneke. "Wir treten dafür ein, dass es hier etwas gibt".
Der dbb-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach sagte, die Gewerkschaften hätten ihre Lohnforderung im August erhoben, heute läge sie angesichts der Inflationsrate deutlich höher. Sollten die Arbeitgeber daran festhalten, sogenannte Arbeitsvorgänge als Grundlage der Eingruppierung grundsätzlich neu zu bewerten, "dann wird es schwierig, ein vernünftiges Verhandlungsergebnis zu erzielen".
Die Arbeitgeber müssten ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen. "Wenn das nicht so ist, dann werden wir Szenarien entwickeln müssen, wie es denn weitergehen könnte", sagte Silberbach.
Hilbers dämpfte die Erwartungen der Gewerkschaften erneut. Wenn diese nicht bereit seien, den Arbeitsvorgang als Basis der Einstufung in Lohntabellen neu zu bewerten, "dann werden wir mit den Gewerkschaften auch nicht über strukturelle Themen reden". Die Arbeitgeber seien indes bereit, über eine lineare Gehaltsanhebung zu sprechen. Die Arbeitgeberseite wolle am Verhandlungstisch "über Zahlen reden".
Einerseits müsse die Bezahlung im öffentlichen Dienst der Länder wettbewerbsfähig bleiben, andererseits müsse das mit den durch die Pandemie strapazierten Haushalten in Einklang gebracht werden, sagte Hilbers.
Die jüngste Steuerschätzung hatte den Ländern in diesem Jahr 22,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen, in den Folgejahren ebenfalls zweistellige Milliardenbeträge mehr Steuereinnahmen als bislang erwartet in Aussicht gestellt. In der Tarifrunde der Länder gibt es keine Schlichtungsvereinbarung. Verdi und Beamtenbund könnten bei einem Scheitern der Tarifrunde in Streiks eintreten, um einen Tarifabschluss mit den Arbeitgebern zu erzwingen. Hessen ist nicht Mitglied der TdL und hat bereits einen separaten Tarifvertrag abgeschlossen.
(A. Madsen--BTZ)