Scharfe Kritik an geplanter Drei-Monats-Regelung zu Impfung und Maskenpflicht
Die im neuen Infektionsschutzgesetz geplante Regelung zur Test- und Maskenpflicht drei Monate nach einer Impfung stößt auf heftige Kritik. Der Städte- und Gemeindebund hält eine solche Vorgabe nicht für kontrollierbar. Der Deutsche Hausärzteverband forderte: "Die Differenzierung nach vollständig Geimpften erster und zweiter Klasse sollte dringend noch einmal überdacht werden." FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte, der Bundestag dürfe "das so nicht beschließen".
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatten am Mittwoch die geplanten Corona-Maßnahmen für den Herbst und Winter vorgestellt. Die Länder sollen unter anderem eine Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen anordnen können. Ausnahmen gibt es etwa für Gaststätten, Kulturbetriebe und Sportveranstaltungen - und zwar für die ersten drei Monaten nach einer Impfung sowie für Genesene oder bei Vorlage eines aktuellen Tests.
"Die Befreiung von der Maskenpflicht für Geimpfte oder Genesene ist im Alltag kaum wirksam zu kontrollieren und nur sehr schwer umzusetzen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, den RND-Zeitungen vom Freitag. "Gerade bei großen Menschenansammlungen wäre es ein kaum zu bewältigender Aufwand, im Einzelfall den Status zu kontrollieren und zu prüfen, ob der jeweilige Nachweis wirklich korrekt ist."
Nach Ansicht des Deutschen Hausärzteverbands entwertet die geplante Maskenpflicht-Regelung die Corona-Impfung. "Natürlich werden sich einige Menschen fragen, weswegen sie sich impfen lassen sollten, wenn die Impfung nach drei Monaten schon an Wert verliert", sagte der Bundesvorsitzende Ulrich Weigeldt dem RND.
FDP-Vize Kubicki sagte dem "Spiegel", er werde "mit aller Kraft dafür streiten", dass die Pläne nicht umgesetzt werden. Er kritisierte "politische Vorgaben zu Impfungen", die die Empfehlung der Ständigen Impfkommission überträfen. Das halte er "für medizinethisch hochproblematisch". Die Stiko empfiehlt bislang Menschen ab 70 sowie Risikogruppen die vierte Impfung. Kubicki forderte den Bundestag auf, bei den anstehenden Gesetzesberatungen Änderungen vorzunehmen.
Dagegen verteidigte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese die geplante Regelung. Die Länder könnten die verschärften Regeln festlegen, wenn es die Situation erfordere, "müssen es aber von heute auf morgen natürlich nicht", sagte er dem "Spiegel". Das Tragen einer Maske an bestimmten Orten oder die Vorlage eines Tests, wenn jemand nicht frisch geimpft ist, halte er "für vertretbar, wenn die Infektionslage wieder schwieriger wird".
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) fürchtet einbrechende Umsätze, sollten die Einschränkungen im Herbst wieder zunehmen. "Wir erwarten, dass alles unternommen wird, um erneute Corona-Maßnahmen zu verhindern", sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges dem RND. Es gebe noch erheblichen Klärungsbedarf bezüglich der Maskenpflicht und der Kriterien für die Ausnahmen.
Der Grünen-Wirtschaftspolitiker Dieter Janecek übte ebenfalls Kritik. "Warum es dem Infektionsschutz helfen soll, wenn eine Maske beim Betreten einer Bar oder eines Restaurants vorgeschrieben ist, während sie dann im Innenraum nicht getragen wird, ist mindestens erklärungsbedürftig", sagte er der Zeitung "Welt".
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, forderte die Ampel-Koalition ebenfalls auf, den Gesetzesentwurf zu überarbeiten. "Menschen über derartige Regularien ohne wissenschaftliche Grundlage quasi zu immer neuen Boosterimpfungen zu zwingen, wäre unärztlich", sagte Gassen der "Bild"-Zeitung.
Der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge kritisierte, dass Dreifach-Geimpfte "faktisch noch zu einer Viert- oder gar Fünftimpfung gedrängt" werden. Die geplanten Regelungen stünden "im krassen Widerspruch zu den geltenden Stiko-Empfehlungen", sagte Sorge zu "Bild".
U. Schmidt--BTZ