Nach Mordverdacht gegen Pfleger prüft Münchner Polizei Serientäterschaft
Nach der Festnahme eines Pflegers wegen eines mutmaßlichen Raubmords prüft die Polizei in München den Verdacht einer möglichen Serientäterschaft. Der aus Polen stammende 36-Jährige soll seit zehn Jahren in Deutschland und anderen Ländern eine Vielzahl von Patienten betreut haben, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilten. Bei insgesamt 20 geprüften Arbeitsverhältnissen habe sich neben dem Mord bereits der Verdacht auf vier versuchte Morde ergeben.
Der als ungelernter Pfleger in Privathaushalten tätige Mann befindet sich den Ermittlern zufolge seit Faschingsdienstag in Untersuchungshaft. Er habe am Rosenmontag selbst die Polizei verständigt, weil er seinen 87 Jahre alten Patienten tot im Bett aufgefunden habe. Bei dem Rentner war der Mann demnach erst seit dem Freitag davor im Einsatz.
Nachdem ein Arzt Auffälligkeiten bei der Leiche festgestellt habe, sei der Pflegehelfer genauer überprüft worden. Dabei seien unter anderem zwei EC-Karten des Verstorbenen sowie 1210 Euro Bargeld entdeckt worden. In der Rechtsmedizin seien bei dem Toten außerdem Einstichstellen wie von Injektionen sowie ein extrem niedriger Blutzuckerwert ermittelt worden.
In seiner Vernehmung habe der Tatverdächtige gestanden, dem Mann Insulin verabreicht zu haben und auch das Geld und die EC-Karten nach dem Tod des Rentners entwendet zu haben. Weitergehende Angaben insbesondere auch zu seinen Arbeitsverhältnissen und den von ihm betreuten Patienten habe der in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim einsitzende Tatverdächtige nicht gemacht.
Die Münchner Ermittler richteten deshalb inzwischen eine Sonderkommission ein, die nun weitere Beschäftigungsverhältnisse des Manns überprüfen soll. Bei bislang in Deutschland ermittelten 20 Patienten habe sich bei vier weiteren Fällen ergeben, dass die Patienten während der Pflegertätigkeit in teils lebensbedrohlichen Zuständen in Krankenhäuser gekommen waren. Auch bei diesen sei ein nicht erklärbarer, teils extrem niedriger Blutzuckerwert festgestellt worden.
Alle vier Patienten hätten überlebt, allerdings sei einer zwei Monate nach dem Notfall verstorben. Bei diesem müsse ein Gutachter prüfen, ob der Tod dem Pfleger anzulasten sei. Der Mann sei bei allen vier unmittelbar nach der Einlieferung ins Krankenhaus abgereist.
Bei einem weiteren Patienten sei zudem festgestellt worden, dass er wenige Tage nach der Ankunft des Pflegers verstorben sei. Hier müssten aber die genauen Todesumstände noch weiter ermittelt werden. Bei drei weiteren Patienten bestehe der konkrete Verdacht, dass der Pfleger sie bestohlen habe. Bei den übrigen elf Patienten habe sich bisher noch kein Verdacht auf Diebstahl oder einen veränderten Gesundheitszustand ergeben.
Den bisherigen Ermittlungen zufolge wurde der Mann in vielen Fällen nach kurzer Zeit wieder entlassen. Meistens sei fehlendes Engagement der Grund gewesen. Aber auch ein unangemessenes, aggressives Verhalten habe wiederholt zu seiner Entlassung geführt. Seine Vermittlung sei meist über Agenturen erfolgt. Meist sei er nur ein- oder zweimal von den Pflegekräfte entsendenden Agenturen beschäftigt worden.
Polizei und Staatsanwaltschaft riefen eine Öffentlichkeitsfahndung aus, um nähere Informationen über die Arbeitsplätze des Tatverdächtigen zu erlangen. Die Staatsanwaltschaft München I übernahm bundesweit die Federführung und kündigte weitere umfangreiche Ermittlungen an.
(A. Williams--BTZ)