
Berlin: Starke Frauen und ein mutiger Film räumen bei der Berlinale ab

Inmitten der Debatte über die Rolle von Frauen im Filmgeschäft haben zwei Regisseurinnen aus Osteuropa bei der diesjährigen Berlinale die Hauptpreise abgeräumt. Die rumänische Regisseurin Adina Pintilie gewann am Samstagabend im Berlinale-Filmpalast den Goldenen Bären für die rumänisch-deutsche Koproduktion "Touch me not". Die polnische Filmemacherin Malgorzata Szumowska bekam einen Silbernen Bären, den Großen Preis der Jury, für ihren Film "Twarz".
Die für ihre Darstellung von Romy Schneider als beste Schauspielerin gehandelte Marie Bäumer ging leer aus. Keiner der vier deutschen von insgesamt 19 Bären-Anwärtern bekam einen Preis. Zumindest aber sind mehrere deutsche Darsteller an "Touch me not" beteiligt. Der Film begleitet ohne klassischen Handlungsstrang drei Menschen auf der Suche nach verschiedenen Formen von Intimität.
Damit ging der Goldene Bär einmal mehr an einen unkonventionellen Film, dessen Thema oder Umsetzung nicht unbedingt auf ein Massenpublikum zielt. "Der Film ist ein Spiegel, mit dem man den Publikum einen Spiegel vorhält, damit es darüber nachdenkt, was Intimität, was Schönheit bedeutet", sagte Pintilee. "Es geht darum, Andersartigkeit zu akzeptieren."
Die Mischung aus Fiktion und Dokumentarfilm war bei den Berlinale-Kritikern mit ihren vielen Nacktszenen auf gemischte Reaktionen gestoßen. "Wir haben herausgefunden, dass wir nicht nur würdigen wollen, was das Kino kann, sondern auch, wo es vielleicht noch hingehen kann", sagte der Regisseur Tykwer über die Auswahl der von ihm angeführten Jury.
Die #MeToo-Debatte über angeblich sexuelle Gewalt und Machtmissbrauch im Filmgeschäft hatte auch die 68. Internationalen Filmfestspiele in Berlin geprägt. "Ich bin so glücklich, dass ich ein weiblicher Regisseur bin", sagte Szumowska. Festivaldirektor Dieter Kosslick lobte die starken Frauen in und hinter den gezeigten Filmen. "Man schießt zurück, hatte ich das Gefühl. Und vielleicht ist das ja auch ganz gut." Eine ebenfalls starke Frauenrolle hat Ana Brun in dem paraguayischen Spielfilm "The Heiresses" ("Die Erbinnen"), wofür sie den Silbernen Bären als beste Darstellerin erhielt. Der Spielfilm bekam zudem einen zweiten Silbernen Bären, den Alfred-Bauer-Preis, weil er nach Meinung der Jury neue Perspektiven eröffnet.
Der junge Franzose Anthony Bajon beeindruckte die Jury in seiner Rolle als Drogenabhängiger in einem Kloster im Film in "La Prière" ("Das Gebet" ). Er bekam den Silbernen Bären als bester Darsteller. "Ich habe natürlich sehr viel gebetet, um einen solchen Preis zu bekommen", sagte Bajon in Anspielung auf den Filmtitel.
US-Regisseur Wes Anderson bekam den Silbernen Bären für seine Regiearbeit im Animationsfilm "Isle of Dogs - Ataris Reise". Anstelle des verhinderten Anderson nahm US-Schauspieler Bill Murray den Silbernen Bären entgegen, der in dem Film einem Hund seine Stimme leiht. "Ich hätte nie gedacht, dass ich als Hund zur Arbeit gehe und mit einem Bären nach Hause komme", sagte Murray.
Weitere Silberne Bären gingen an Elena Okopnaya für Kostüm und Produktionsdesign im russischen Revolutionsfilm "Dovlatov". Die Mexikaner Manuel Alcalá und Alonso Ruizpalacios erhielten den Preis für das beste Drehbuch für ihren Film "Museo" ("Museum").
(O. Joergensen--BTZ)