
Berlin: Prozess um Demütigungen bei Fußballnachwuchs lässt Fragen offen

Ein Prozess um angeblichen versuchten Missbrauch und Demütigungen durch Trainer in einem bekannten Berliner Fußballverein ist ergebnislos zu Ende gegangen. Nachdem die schwersten Vorwürfe zu einem Sexualdelikt oder Nötigung ausgeräumt werden konnten, einigten sich die Verfahrensbeteiligten am Mittwoch vor dem Amtsgericht Tiergarten auf eine Prozesseinstellung. Mangels Urteil blieben aber viele Fragen offen.
Die früheren Trainer des traditionsreichen Viertligisten BFC Dynamo nahmen die Verfahrenseinstellung ohne Zahlung von Kosten sichtlich erleichtert zur Kenntnis. Die Anklage hatte ihnen versuchten sexuellen Missbrauch vorgeworfen. Demnach sollen sie Jungen aus ihrer Mannschaft aufgefordert haben, den Penis eines Mitspielers in den Mund zu nehmen. Diesen Vorwurf betrachtete die Anklagevertreterin am Mittwoch jedoch als "vom Tisch".
Die Verhandlung drehte sich vor allem um ein zumindest völlig eskaliertes Mutprobenspiel zwischen fünf Spielern im Alter von zehn und elf Jahren sowie den Trainern, die damals Anfang 20 waren. Vor Gericht erinnerten sich die Beteiligten allerdings sehr unterschiedlich oder fast gar nicht an die Ereignisse während eines Turniers im Juli 2015 im Hotelzimmer der Trainer. Es bleibe eine "gewisse Ungewissheit", sagte der Richter.
So sollen die Kinder beim Wahrheit-oder-Pflicht-Spielen Spülwasser aus der Toilette getrunken, an einem schmutzigen Heizkörper sowie an Zehen und Achselhöhlen ihrer Trainer geleckt haben. Die Kinder, deren Eltern das Geschehen zur Anzeige brachten, berichteten von Einschüchterung und Drohungen: Sie hätten mitgemacht und geschwiegen, um nicht aus der Mannschaft geworfen zu werden.
Der Prozess gab auch Einblick in den Mikrokosmos des Fußballnachwuchses, wo Grundschüler und ihre Eltern große Hoffnungen auf eine Profikarriere hegen. So war auch nach dem insgesamt achten Verhandlungstag unklar, ob einer der fünf Jungen wegen seiner gegen die Trainer erhobenen Vorwürfe aus dem Leistungsteam geflogen war oder ob die Vorwürfe eher eine Trotzreaktion auf zerstörte Fußballträume waren.
An dem zuweilen offensichtlich rauen Umgang der angeklagten Trainer mit ihren Jungen, zu dem auch Beleidigungen und Nackenschläge gehört haben sollen, störten sich die Eltern vieler anderer Kinder offenbar nicht. Ob dies an eigenen Ambitionen lag oder daran, dass es dieses Verhalten so nicht gab, blieb dabei unklar.
So war am Ende des Verfahrens nicht einmal sicher, ob zumindest eine Verletzung der Aufsichtspflicht belegt werden könnte. Der Richter beschränkte sich daher auf ermahnende Worte in Richtung der Angeklagten: "Dinge, die an die Würde gehen, die was mit Ekel zu tun haben, darf es nicht geben."
Die Trainer hätten in ihrem Verhalten eine Vorbildfunktion, sagte der Richter. Zugleich war er sich mit der Staatsanwaltschaft und beiden Verteidigern einig, das Verfahren und die Berichterstattung hätten den Angeklagten genug geschadet. Die 26-Jährigen könnten vorerst nicht mit einer Fortsetzung ihrer Trainerlaufbahn rechnen. Die fünf Jungen verließen den Verein ebenfalls inzwischen. Einem von ihnen verging die Lust auf Fußball vollständig.
(O. Karlsson--BTZ)