BGH hebt Urteil zu Berichterstattung über Mordfall vor 39 Jahren auf
Ein seit mehr als zehn Jahren schwelender Rechtsstreit eines 1983 wegen Mordes verurteilten Manns mit dem Magazin "Der Spiegel" geht in die nächste Runde. Die Frage ist, ob alte Artikel mit dem Familiennamen des Täters online stehen bleiben dürfen. Das Hamburger Oberlandesgericht (OLG) verbot dies - was aber nicht ausreichend begründet war, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe laut einem am Dienstag veröffentlichen Urteil entschied. (Az. VI ZR 476/19)
Der Mann hatte 1981 während einer Atlantiküberquerung auf einer Yacht zwei Menschen erschossen und einen weiteren verletzt. 1983 wurde er in Bremen wegen Mordes und versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nachdem er diese abgesessen hatte, verklagte er 2009 den "Spiegel" auf Unterlassung. Das Magazin hatte Artikel aus den 80er Jahren über den Fall ins Internet gestellt, in denen der Nachnamen des Klägers zu finden ist.
Das Hamburger Landgericht und das OLG gaben dem Kläger recht: Die Berichterstattung verletze sein Persönlichkeitsrecht, sein Name müsse aus den Texten entfernt werden. Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil unter Verweis auf das öffentliche Interesse aber 2012 auf, woraufhin der Mann Verfassungsbeschwerde einreichte. Das Bundesverfassungsgericht hob seinerseits 2019 das BGH-Urteil auf und verwies es zur erneuten Verhandlung zurück.
Nun entschied der BGH, dass sich das Berufungsgericht - also das OLG Hamburg - erneut mit dem Fall befassen muss. Es müsse erneut die Interessen von Presse und Öffentlichkeit mit dem Schutzinteresse des Klägers abwägen, hieß es. Anzustreben sei "ein Ausgleich, der einen ungehinderten Zugriff auf den Originaltext möglichst weitgehend erhält", diesen aber einzelfallbezogen doch hinreichend begrenze. Offen geblieben sei bislang, ob es dem Magazin möglich und zumutbar sei, "lediglich die Auffindbarkeit der Artikel über Internetsuchmaschinen" zu unterbinden oder einzuschränken.
(A. Lefebvre--BTZ)