Schon sechs Tote und rund 300 mit Coronavirus Infizierte in China
Angesichts sprunghaft angestiegener Fallzahlen und weiterer Todesopfer durch das neuartige Coronavirus in China wächst international die Furcht vor einer Pandemie. Wie chinesische Behörden am Dienstag mitteilten, stieg die Zahl der Infektionen um 77 auf 291 Fälle. Sechs Menschen starben mittlerweile an der auch von Mensch zu Mensch übertragbaren Atemwegsinfektion. Nach einzelnen Fällen in Japan, Thailand und Südkorea wurde auch aus Taiwan eine Infektion gemeldet.
Chinas Nationale Gesundheitskommission erklärte, abgesehen von den 291 bestätigten Fällen stünden 900 Menschen wegen einer möglichen Infektion mit dem Coronavirus unter Beobachtung. Der Bürgermeister der chinesischen Metropole Wuhan, Zhou Xianwang, vermeldete einen Anstieg von vier auf sechs bestätigte Todesfälle. 258 der insgesamt 291 Infizierten wurden laut Zhou in Wuhan registriert.
In einer Studie der Hongkonger Universität war am Dienstag hingegen von 1343 Infektionen in Wuhan die Rede. Einzelne Fälle wurden aus Peking, Shanghai und den Provinzen Guangdong, Zhejiang und Henan gemeldet. Derzeit sind in China wegen des bevorstehenden Neujahrsfestes hunderte Millionen Menschen auf Reisen.
Tiere von einem Fisch- und Geflügelmarkt in der Millionenmetropole Wuhan gelten als Ausgangspunkt des neuartigen Virus. Mittlerweile bestätigte die Nationale Gesundheitskommission allerdings, dass auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch vorkommt. Einen eindrücklichen Beweis lieferte der Arzt Wang Guangfa, der für die Nationale Gesundheitskommission die Krankheit untersuchte und sich dabei selbst infizierte, wie er dem Hongkonger Fernsehsender iCable News sagte.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte in Genf, noch sei "nicht genug bekannt, um endgültige Schlüsse zu ziehen, wie es übertragen wird". In jedem Fall sei mit weiteren Fällen in China und anderen Ländern zu rechnen. Für Mittwoch hat die WHO ein Krisentreffen anberaumt, bei dem sie über die Ausrufung eines Gesundheitsnotstands wegen des Coronavirus entscheiden könnte.
Außer aus China wurden in den vergangenen Tagen einzelne Infektionen aus Thailand, Japan und Südkorea gemeldet. Am Dienstag kam der Fall einer infizierten Frau in Taiwan hinzu, die nach ihrer Ankunft aus Wuhan in ein Krankenhaus gebracht wurde. In Australien wurde ein Mann wegen Infektionsverdachts untersucht und auf den Philippinen ein fünfjähriges Kind. Alle Infizierten und Verdachtsfälle im Ausland hatten sich zuvor in Wuhan aufgehalten.
Das neue Virus stammt aus der Erregerfamilie, zu der auch der tödliche Sars-Erreger gehört. An der Sars-Epidemie waren in den Jahren 2002 und 2003 knapp 350 Menschen in Festlandchina sowie knapp 300 weitere in Hongkong gestorben.
Trotz der neuen Fälle und der Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch gehen die deutschen Behörden von einem sehr geringen Risiko des neuen Virus aus. In den Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes für China hieß es, es scheine eine "eingeschränkte Übertragung von Mensch zu Mensch" zu geben.
Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité sagte im Deutschlandfunk: "Wir müssen damit rechnen, dass wir Fälle nach Deutschland bekommen und wir müssen uns im gesamten Gesundheitssystem darauf vorbereiten." So sollten sich Kliniken überlegen, wie sie Betroffene isolieren und intensivmedizinisch behandeln könnten. Allgemein gebe es hierzulande zur Vermeidung von Epidemien "sehr gute Strukturen".
Auf Deutschlands größtem Flughafen in Frankfurt am Main wurden keine besonderen Vorkehrungen getroffen. Der Betreiber stehe aber "in einer engen Abstimmung mit den Behörden" und im Austausch mit anderen Flughäfen, sagte eine Sprecherin. Durch vergangene Epidemien sei der Flughafen sehr gut vorbereitet.
Auf vier Flughäfen in Thailand wurde obligatorisches Fiebermessen für Passagiere aus Hoch-Risiko-Gebieten in China angeordnet, um Menschen mit Fieber vorsichtshalber zu isolieren. Die Behörden in Hongkong befinden sich nach eigenen Angaben im "extrem hohen Alarmzustand". Reisende aus Wuhan müssen Gesundheitsfragebögen ausfüllen, bei falschen Angaben droht ihnen Gefängnis. Genauere Überprüfungen von Reisenden wurden auch an Flughäfen in Australien, den USA, Singapur, Bangladesch und Nepal eingeführt. In Wuhan wurden Reisende auf Flughäfen, Bahn- und Busbahnhöfen stichprobenartig untersucht.
(F. Schulze--BTZ)