Bundesfinanzhof: Bestrebungen gegen Demokratie können nicht gemeinnützig sein
Eine extremistische Organisation mit Bestrebungen gegen die deutsche Demokratie kann nicht gemeinnützig sein. Das gilt immer und auch dann, wenn die Organisation gleichzeitig gemeinwohlorientierte Tätigkeiten entfaltet, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil entschied. (Az. V R 15/22)
Werden Organisationen in Verfassungsschutzberichten erwähnt, besteht eine "Vermutungsregel". Diese gilt nach einem weiteren Urteil des Gerichts aber nur für eine Organisation, die "in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird" - nicht dagegen automatisch auch für eigenständige Landesverbände. (Az. V R 36/21)
Im ersten Fall ging es demnach um einen religiösen Verein. Nach den Verfassungsschutzberichten des Bundes und mehrerer Länder vertritt er eine "fundamentalistische Auslegung" dieser Religion und verfolgt verfassungsfeindliche Ziele.
Das zuständige Finanzamt sah deshalb die Voraussetzungen für eine steuerrechtliche Gemeinnützigkeit nicht als erfüllt an. Daher erließ die Behörde Bescheide zur Körperschaft- und zur Umsatzsteuer. Damit geht automatisch auch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an die Organisation verloren.
Der dagegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg in Cottbus noch statt. Durch seinen Tätigkeitsbericht habe die Organisation ihre gemeinnützigen Aktivitäten ausreichend belegt.
Vor dem BFH hatte dies keinen Bestand. Die von gemeinnützigen Organisationen geforderte "Förderung der Allgemeinheit" sei im Wesentlichen von den Werten des Grundgesetzes geprägt. "Eine Tätigkeit, die mit diesen Wertvorstellungen nicht vereinbar ist, ist keine Förderung der Allgemeinheit."
Dabei seien demokratiefeindliche Bestrebungen "eigenständig" zu beurteilen. Demgegenüber habe das FG Cottbus solche Bestrebungen mit Leistungen für das Gemeinwohl abgewogen. Das sehe das Gesetz aber nicht vor. Vielmehr schlössen danach Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung eine Gemeinnützigkeit generell aus. Das gelte auch für religiöse Vereine, die sich auf die Glaubensfreiheit berufen könnten.
Den Streit verwies der BFH an das Finanzgericht zurück. Dies soll nun genauer prüfen, inwieweit die Organisation demokratiefeindliche Ziele verfolgt.
In dem zweiten Urteil betonte der BFH, dass die "Vermutungsregel" nur dann greift, wenn der Verein in den Verfassungsschutzberichten "eindeutig identifizierbar" ist. Eine "Konzernbetrachtung", etwa für Bundes- und selbstständige Landesverbände, komme nicht in Betracht. Auch diesen Streit verwies der BFH zur weiteren Klärung an die Vorinstanz zurück, hier an das FG München.
P. O'Kelly--BTZ