Spanien schickt tausende weitere Soldaten und Polizisten ins Katastrophengebiet
Nach der Flutkatastrophe in Spanien schickt die Regierung 10.000 weitere Soldaten und Polizisten ins Unglücksgebiet in der östlichen Region Valencia. Dies kündigte Ministerpräsident Pedro Sánchez am Samstag in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache an. Am Samstagabend gaben die Rettungsdienste bekannt, dass die Zahl der Todesopfer auf 213 gestiegen sei. Am Sonntag wollen Sánchez, König Felipe VI und Königin Letizia Medienberichten zufolge das Katastrophengebiet besuchen.
Auf Anfrage der Regionalregierung von Valencia habe er die Entsendung von 5000 weiteren Polizisten und 5000 weiteren Soldaten veranlasst, sagte Sánchez. Es handele sich um die größte Entsendung von Soldaten und Sicherheitskräften in Friedenszeiten, fügte er hinzu. 2000 Soldaten sind bereits vor Ort.
Die Behörden rechneten derweil mit weiteren Todesopfern. Autowracks, die in den am stärksten betroffenen Gebieten in Parkhäusern und in Tunneln unter Wasser standen, wurden genauestens untersucht.
Am Freitag konnte eine Frau lebend geborgen werden, die drei Tage lang in ihrem Auto in einer unterirdischen Passage in einem Vorort von Valencia feststeckte, wie ein Vertreter des Zivilschutzes mitteilte. Die Zeitung "El País" berichtete, bei ihrer Rettung habe sie neben ihrer verstorbenen Schwiegertochter ausgeharrt.
Auch wenn die Hoffnung auf die Rettung Überlebender langsam schwinde, bleibe die Suche nach den Vermissten weiter Hauptaufgabe der Soldaten und Polizisten, sagte der Zivilschutzvertreter. Hinzu komme die Räumung der Straßen, um den Zugang für Hilfslieferungen, vor allem für Lebensmittellieferungen, zu erleichtern.
Nach Angaben der Behörden wurden inzwischen mehr als 2000 Autos und Lastwagen aus dem Weg geräumt. Der Strom funktioniere bei 94 Prozent der Betroffenen wieder und auch die Telekommunikation werde nach und nach wieder hergestellt, sagte Ministerpräsident Sánchez.
Zudem halfen Menschen aus weniger oder nicht betroffenen Gebieten den Notleidenden vor Ort. Ein AFP-Journalist zählte rund 1000 Menschen, die sich von der Küstenstadt Valencia auf den Weg in nahegelegene Orte machten, um dort bei den Aufräumarbeiten mit anzupacken.
Die offizielle Hilfe reiche nicht, sagte Alicia Izquierdo der Nachrichtenagentur AFP. Sie und ihre Schwester brachten zwei mit Lebensmittel beladene Einkaufswagen nach Paiporta, wo ihr Bruder lebe. Die Kleinstadt ist mit bisher über 60 geborgenen Toten am schlimmsten von dem Unwetter betroffen.
In den Ortschaften Alfafar und Sedavi sahen AFP-Reporter am Samstag keine Soldaten, während Bewohner mit Schaufeln den Schlamm aus ihren Häusern schippten und Feuerwehrleute Wasser aus den Garagen und Tunneln pumpten. "Danke all den Menschen, die kommen, um uns allen zu helfen", sagte die 66-jährige Estrella Caceres in Sedavi. Von den Behörden komme "nichts", schimpfte sie.
Die Hilfsbereitschaft war so groß, dass die Regierung von Valencia die Menschen inzwischen anwies, nicht mehr mit dem Auto in die betroffenen Kommunen zu fahren, um die Straßen für die Rettungskräfte freizuhalten. Doch es kam auch zu Plünderungen. Den Behörden zufolge wurden 82 Menschen festgenommen.
Der Gouverneur der Region Valencia, Carlos Mazón, bezeichnete die Flutkatastrophe am Samstagabend bei einer Pressekonferenz als "den schlimmsten Moment in unserer Geschichte".
Nach Angaben vom Samstagabend starben 210 Menschen in der Region Valencia, zwei in der Nachbar-Region Kastilien-La Mancha und ein Mensch in Andalusien.
Bei den am Dienstag niedergegangenen extremen Regenfällen in der Region Valencia hatte es an manchen Orten so viel Niederschlag gegeben, wie sonst in einem Jahr. Die Flutkatastrophe ist die schlimmste seit Jahrzehnten.
K. Berger--BTZ