Singapur: Vietnamesischer Geheimdienstoffizier nach Vietnam abgeschoben
Ein nach Singapur geflüchteter vietnamesischer Geheimdienstoffizier mit Hintergrundwissen zum Fall eines offenbar aus Berlin verschleppten Vietnamesen ist in sein Heimatland abgeschoben worden. Phan Van Anh Vu wurde unmittelbar nach seiner Ankunft in Hanoi am Donnerstag festgenommen, wie die vietnamesische Regierung mitteilte. Er sei wegen Verstoßes gegen das Einwanderungsgesetz in Singapur ausgeliefert worden. Nach Angaben der dortigen Behörden war Vu vor einer Woche mit einem gefälschten Pass in den Stadtstaat eingereist.
Die vietnamesische Polizei wirft dem 42-Jährigen den Verrat von Staatsgeheimnissen vor und schrieb ihn deshalb zur Fahndung aus. Vu gilt als wichtiger Zeuge im Fall des mutmaßlich in Berlin entführten Vietnamesen Trinh Xuan Thanh. Vus Anwälte hatten die Aufnahme ihres Mandanten in Deutschland beantragt und davor gewarnt, dass ihm in Vietnam die Todesstrafe droht. Nach Angaben seines deutschen Verteidigers verfügt der 42-Jährige über "wertvolle Informationen" zur Verschleppung Thanhs aus Berlin "und darüber hinaus". Der Ex-Funktionär und frühere Chef des staatlichen Erdölförderanlagen-Unternehmens PetroVietnam Construction soll Ende Juli vom vietnamesischen Geheimdienst in Berlin verschleppt worden sein. Er wurde nach Vietnam gebracht, wo ihm eine langjährige Haftstrafe oder sogar die Todesstrafe droht.
Thanh werden Missmanagement und Unterschlagung vorgeworfen. Der Fall löste eine diplomatische Krise zwischen Deutschland und Vietnam aus. Die vietnamesische Regierung bestreitet eine Entführung. Der Prozess gegen Thanh und dutzende weitere Angeklagte soll am kommenden Montag in Hanoi beginnen.
Die vietnamesischen Behörden hatten im vergangenen Jahr im Zuge einer Anti-Korruptionskampagne zahlreiche ehemalige Parteifunktionäre, Beamte und Bankkaufleute festgenommen oder inhaftiert. Kritiker sehen darin den Versuch der neuen Regierung, gegen unliebsame Politiker der vorherigen Führung vorzugehen.
(O. Karlsson--BTZ)