Der "Boss der Bosse" ist tot - Gott erbarme sich Salvatore Riina (†87)
Der war einst der "Boss der Bosse" der sizilianischen Mafia, nun ist Toto Riina verstorben. Der krebskranke 87-Jährige starb im Häftlingstrakt eines Krankenhauses in Parma (Italien), wie das italienische Justizministerium bestätigte. Der wegen seiner Grausamkeit auch unter dem Spitznamen "la belva" (Raubtier oder Biest) bekannte Riina soll mehr als 150 Morde in Auftrag gegeben haben und beherrschte die sizilianische Cosa Nostra fast 20 Jahre lang.
Wegen von ihm befehligter Morde war Riina zu 26-mal lebenslänglich verurteilt worden und saß seit 1993 hinter Gittern. Unter anderem wurde er für schuldig befunden, in den Jahren 1992 und 1993 die Mordanschläge auf die Anti-Mafia Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino in Auftrag gegeben zu haben.
Seinen ersten Mafia-Mord soll der Bauernsohn aus dem Dörfchen Corleone schon mit 19 begangen haben, ein Jahr später landete er wegen Totschlags zum ersten Mal hinter Gittern. Anschließend diente er dem Mafia-Boss Luciano Leggio, bevor er Ende der 70er Jahre dessen Nachfolger wurde. In einem blutigen Mafia-Krieg gegen rivalisierende kriminelle "Familien" setzte Riina sich durch und übernahm die Herrschaft über das Geschäft mit Drogenhandel, Erpressung und Entführung.
Fast ein Vierteljahrhundert lang entkam er der Polizei, bis ein Rivale ihn verriet. Doch aus dem Gefängnis heraus leitete Riina die Mafia weiter und gab auch Morde in Auftrag - darunter den an einem 13-Jährigen, der entführt worden war, um seinen Vater vom Verraten von Mafia-Geheimnissen abzuhalten. Das Kind wurde erdrosselt und seine Leiche in Säure aufgelöst.
"Möge Gott Mitleid mit ihm haben, denn wir haben keines", kommentierte ein obskurer "Mafia-Opferverband" Riinas Tod gegenüber einer Zeitung. Im Juli hatte ein Gericht einen Antrag Riinas abgelehnt, ihn aus Gesundheitsgründen freizulassen. Vor diesem Antrag war er abgehört worden; dabei hatte er gesagt, dass er nichts bereue: "Sie werden mich niemals brechen, selbst wenn sie mir 3000 Jahre Gefängnis geben."
Innenminister Andrea Orlando warnte am Freitag, der Staat müsse weiter wachsam bleiben: "Auch wenn die Mafia heute vielleicht weniger laut und blutig ist, ist sie nicht weniger gefährlich. Die Mafia weiß, wie sie sich anpassen muss."
Das Gesundheitsministerium hatte Riinas Frau und drei seiner vier Kinder am Donnerstag erlaubt, den Paten, der an diesem Tag 87 Jahre alt wurde, im Krankenhaus zu besuchen, um Abschied zu nehmen. Dem Mafioso war es normalerweise untersagt, Besuch zu empfangen.
Sein ältester Sohn Giovanni sitzt selbst wegen vierfachen Mordes im Gefängnis. Sein anderer Sohn Salvatore schrieb am Donnerstag auf Facebook: "Du bist für mich nicht Toto Riina, Du bist einfach mein Vater. Und ich gratuliere Dir zum Geburtstag an diesem traurigen, aber wichtigen Tag, ich liebe Dich." Die italienische Bischofskonferenz schloss am Freitag eine öffentliche Beerdigungsfeier in einer Kirche für Riina aus, wobei die Kirche offenbar vergaß – einst selbst zu den brutalsten Organisationen unseres Planeten gehört zu haben, welche selbst vor öffentlichen Verbrennungen – im Namen des Glaubens – nicht zurückschreckte. Papst Franziskus hatte vor zwei Jahren alle Mafiosi für exkommuniziert erklärt.
Der italienische Senatspräsident und frühere Anti-Mafia-Richter Pietro Grasso bedauerte, das Riina viele Geheimnisse der Cosa Nostra mit ins Grab genommen habe. Riinas ältere Tochter Maria Concetta veröffentlichte am Freitag auf Facebook ein Bild von einem auf die Lippen gepressten Finger und dem Wort "Pssst!" - offenbar eine Anspielung auf das Mafia-Schweigegebot der Omertá.
(S. Soerensen--BTZ)