Behörden ermitteln weiter mit Hochdruck nach Missbrauchsserie auf Campingplatz
Gut zwei Wochen nach Bekanntwerden des mehr als tausendfachen Kindesmissbrauchs auf einem nordrhein-westfälischen Campingplatz arbeiten die Ermittler weiter mit Hochdruck daran, die Dimensionen des Falls zu ergründen. Die Dauer der Suche nach möglichen weiteren Opfern und Tatbeteiligten sei ungewiss, heiß es am Freitag in Ermittlerkreisen. Zuvor war bekannt geworden, dass die drei inhaftierten Hauptbeschuldigten womöglich Unterstützer hatten.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte am Donnerstag vor dem Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags mitgeteilt, dass gegen einen weiteren Beschuldigten ein Verfahren wegen des Verdachts der Strafvereitelung eingeleitet wurde. "Darüber hinaus liegt derzeit gegen zwei weitere Personen ein Tatverdacht vor", sagte der Minister.
Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Detmold erklärte dazu, ein dringender Tatverdacht wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern beziehungsweise der Beteiligung daran bestehe nur gegen die drei inhaftierten Männer im Alter von 56, 48 und 33 Jahren.
"Daneben hat sich im Rahmen von Ermittlungen der Verdacht ergeben, dass eine vierte Person für einen der Hauptbeschuldigten Daten gelöscht hat, möglicherweise in der Absicht, dessen Bestrafung zu verhindern", teilte der Detmolder Oberstaatsanwalt Ralf Vetter weiter mit. Gegen diesen Verdächtigen werde daher wegen Strafvereitelung ermittelt.
Zudem hätten sich gegen zwei weitere Menschen "Hinweise auf mögliche Unterstützungsleistungen" ergeben. "Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft besteht im Moment allenfalls noch ein geringer Tatverdacht wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern", erklärte Vetter. Der Sachverhalt solle aber natürlich "auch insoweit weiter aufgehellt und ausermittelt werden".
Konkrete Angaben zu diesen drei Menschen und zu ihren möglichen Handlungen machten die Ermittler nicht. Zur Begründung verwiesen sie auf die laufenden Ermittlungen sowie den Persönlichkeitsschutz. Nach Informationen von BERLINER TAGESZEITUNG handelt es sich bei dem der Strafvereitelung Verdächtigten nicht um einen Amtsträger.
Die Missbrauchsserie von Lügde war am 30. Januar bekannt geworden. Nach derzeitigem Ermittlungsstand wurden auf dem dortigen Campingplatz "Eichwald" über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren mindestens 31 Kinder missbraucht. Die meisten der 27 Mädchen und vier Jungen waren zur Tatzeit zwischen vier und 13 Jahre alt.
Die festgenommenen drei Hauptverdächtigen stammen aus Lügde, dem niedersächsischen Stade sowie aus Steinheim im nordrhein-westfälischen Kreis Höxter. Neben den Ermittlungen wegen schweren sexuellen Missbrauchs gehen Staatsanwaltschaft und Polizei in dem Fall auch dem Verdacht der Verbreitung von Kinderpornografie nach.
Zudem ermittelt das Polizeipräsidium Bielefeld wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt gegen Polizeibeamte und wegen des Verdachts der Verletzung der Fürsorgepflicht gegen Mitarbeiter von Jugendämtern. Hintergrund ist, dass dem 56-jährigen Tatverdächtigen 2016 ein damals fünfjähriges Pflegekind anvertraut wurde, an dem er sich ebenfalls vergangen haben soll.
Geklärt werden soll zudem, ob Polizisten angemessen auf frühere Hinweise zu sexuellen Übergriffen auf das Pflegekind reagierten. Die Kreispolizeibehörde Lippe leitete in diesem Zusammenhang gegen zwei Bedienstete Disziplinarverfahren ein.
(P. Hansen--BTZ)