Französischer Zeichner Tomi Ungerer stirbt mit 87 Jahren
Im Alter von 87 Jahren ist der französische Zeichner, Autor und Buchillustrator Tomi Ungerer gestorben. Der international bekannte Künstler starb in der Nacht zu Samstag im Haus seiner Tochter in der irischen Stadt Cork, wie sein langjähriger Berater Robert Walter nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview sagte. Ungerer hatte sich unter anderem als Autor und Illustrator von Kinderbüchern einen Namen gemacht, fand aber auch mit Plakatkunst und erotischen Zeichnungen Anerkennung.
Nach Angaben seiner Internetseite veröffentlichte er mehr als 140 Bücher, die in 28 Sprachen übersetzt wurden. Der Elsässer selbst schrieb abwechselnd auf französisch, deutsch oder englisch. Zu seinen bekanntesten Werken zählen "Der Mondmann" und "Die drei Räuber".
Geboren wurde Jean-Thomas Ungerer am 28. November 1931 als jüngstes Kind einer wohlhabenden Straßburger Uhrmacherfamilie. Schon als Jugendlicher zeigte er sich rebellisch. Er machte keinen Schulabschluss und flog ziemlich schnell aus der Straßburger Kunsthochschule.
1956 machte sich der junge Mann auf den Weg nach New York, mit 60 Dollar in der Tasche und einem Koffer voller Zeichnungen, wie er gerne erzählte. Dort erkannte eine Verlegerin Ungerers Talent. Für sie schuf er seine ersten Kinderbücher.
In seinen 15 Jahren in New York entpuppte sich der Elsässer als scharfsichtiger Kritiker des Lebenswandels dort. Seine bissigen Karikaturen der New Yorker Schickeria verschafften ihm internationalen Erfolg - und sorgten für Anfeindungen in den USA, wo seine Bücher lange Zeit nicht mehr verlegt wurden. Damals begann er auch, sich politisch zu engagieren - mit kritisch-satirischen Federstrichen gegen den Vietnam-Krieg.
Gegen Verlogenheit und Heuchelei ging Ungerer bevorzugt mit spitzer Feder und beißenden Kommentaren an. Unermüdlich prangerte er auch Kriege an, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit. Er war ein Gegner von Grenzen und amüsierte sich darüber, französisch mit einem deutschen Akzent zu sprechen und deutsch mit einem französischen Akzent.
Nicht alle seine Werke brachten ihm Sympathien ein: Feministinnen oder Moralapostel etwa stießen sich an Ungerers Sado-Maso-Fantasien oder seinen Frauen-Zeichnungen mit üppigem Busen in aufreizenden Posen. Nicht seine Zeichnungen seien pervers, sondern eine Gesellschaft, die Erotik zu Sex verkommen lasse, pflegte er auf solche Proteste zu erwidern.
Der großgewachsene Zeichner und Autor mit den schlohweißen Haaren und dem spitzbübischen Lächeln verbrachte bis ins hohe Alter viel Zeit in seinem Atelier. "Wenn man aufhört zu denken und zu arbeiten, dann wird man alt", sagte er vor wenigen Jahren. Dass er auf einem Auge erblindet war, bremste Ungerers Tatendrang nicht. Trotz einer überstandenen Tumorerkrankung rauchte er weiter - "Tumor mit Humor", sagte er dazu.
(T. Jones--BTZ)