Loveparade-Prozess geht weiter - aber wohl nur gegen drei Angeklagte
Der Strafprozess um die Loveparade-Tragödie mit 21 Toten wird fortgesetzt - allerdings voraussichtlich nur gegen drei der zehn Angeklagten. Am 100. Verhandlungstag stimmte am Dienstag zwar die Staatsanwaltschaft dem Gerichtsvorschlag auf Einstellung des Verfahrens gegen alle Angeklagten zu, drei beschuldigte Mitarbeiter des Loveparade-Veranstalters lehnten eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage jedoch ab. Ihre Mandanten strebten Freisprüche an, sagten ihre Verteidiger.
Eine Entscheidung über den Fortgang des Prozesses könnte die in Düsseldorf verhandelnde Strafkammer des Duisburger Landgerichts am Mittwoch verkünden. Das Gericht hatte Mitte Januar in einem sogenannten Rechtsgespräch mit allen Prozessbeteiligten eine Verfahrenseinstellung gegen die sechs angeklagten Bediensteten der Stadt Duisburg und einen Mitarbeiter des Veranstalters vorgeschlagen - und zwar ohne Auflagen. Drei weitere Beschäftigte der Veranstalterfirma sollten hingegen Geldauflagen zahlen.
Die fehlende Zustimmung dieser drei Angeklagten zu einer Einstellung "führt dazu, dass das Verfahren in jedem Fall fortgesetzt wird", sagte der Vorsitzende Richter Mario Plein. Voraussetzung für eine Einstellung ist eine entsprechende Zustimmungserklärung sowohl der Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagten.
Die zehn Angeklagten müssen sich seit Dezember 2017 vor Gericht verantworten. Ihnen wird unter anderem fahrlässige Tötung zur Last gelegt. Bei der Loveparade in Duisburg am 24. Juli 2010 gab es ein verheerendes Gedränge, in dem 21 Menschen getötet und mehr als 650 verletzt wurden.
Bei sieben Beschuldigten hatte die Duisburger Strafkammer in ihrem Einstellungsbeschluss eine geringe Schuld festgestellt, bei den übrigen drei eine mittelschwere Schuld. Oberstaatsanwalt Uwe Mühlhoff sagte bei der Fortsetzung des Prozesses am Dienstag, die Anklagebehörde halte den Gerichtsvorschlag "rechtlich in der Sache für vertretbar und letztlich sachgerecht".
Die Staatsanwaltschaft sprach sich zugleich dafür aus, gegen die drei Mitarbeiter des Loveparade-Veranstalters Geldauflagen von jeweils rund 10.000 Euro zu verhängen. Das Geld solle gemeinnützigen Einrichtungen zugute kommen.
Während die Verteidiger der sieben nun voraussichtlich aus dem Verfahren ausscheidenden Angeklagten der Verfahrenseinstellung zustimmten und zugleich auf der Unschuld ihrer Mandanten beharrten, machten Anwälte der verbleibenden Beschuldigten unter anderem deren "Recht" auf einen Freispruch geltend. Bei einer Verfahrenseinstellung "verzichtet der Angeklagte auf seine Rehabilitation", gab einer der Anwälte zu bedenken.
Bei den Anwälten der Nebenkläger in dem Mammutverfahren stieß das Vorgehen des Gerichts teils auf Zustimmung. Der Opferanwalt Julius Reiter nannte es nachvollziehbar, dass die Strafkammer die Einstellung der Verfahren vorgeschlagen hatte. Auch sei in dem Prozess vieles über die Ursache der Katastrophe offen gelegt worden. Aber natürlich sei er "sauer" darüber, dass nun gegen die Mehrheit der Beschuldigten kein Urteil ergehen werde, fügte Reiter hinzu.
Eine Nebenklägerin aus Italien äußerte am Rande des Prozesses ihr Unverständnis über die nun erwarteten Verfahrenseinstellung gegen sieben Angeklagte. Ein solches Vorgehen wäre nicht einmal in Italien denkbar, sagte die Frau, deren Tochter die bei der Duisburger Loveparade ihr Leben verloren hatte.
(D. Fjodorow--BTZ)